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Migranten gesucht: Feuerwehr will gezielt Türken anwerben

Die Berliner Feuerwehr will das Niveau ihrer Einstellungsbedingungen senken und junge Migranten direkt nach der Schule anwerben.

Die Feuerwehr will gezielt Migranten, speziell Türken anwerben und dafür auch das Niveau ihrer Einstellungsbedingungen senken. Das bestätigte Feuerwehrsprecher Stephan Fleischer. „Wir haben eine Projektgruppe, die sich gezielt um die Gewinnung von Arbeitskräften mit Migrationshintergrund kümmern soll“, so Fleischer. Er räumte auch ein, dass diese anders behandelt werden sollen als die Deutschen. „Wir wollen sie direkt nach der Schule anwerben und ihnen eine besondere Ausbildung zukommen lassen.“ Denn hier liegt für viele ausländischstämmige Bewerber das Problem: Die Feuerwehr verlangt viel. Wer in den Rettungsdienst oder zu den Brandbekämpfern will, muss nicht nur schwimmen können, körperlich fit sein und einen Führerschein besitzen, sondern auch eine Lehre in einem Handwerksberuf abgeschlossen haben – hohe Hürden, an denen besonders Migranten häufig scheitern.

Der politische Wille, das zu ändern, ist da. Meldungen über hohe Durchfallquoten speziell türkischer Bewerber gab es in den vergangenen Jahren regelmäßig. Einziges Zugeständnis der Verwaltung bisher: Wenn sie bloß am Sprachtest gescheitert sind, dürfen Migranten bei der Bewerbung für den öffentlichen Dienst den Sprachtest wiederholen, ohne das ganze Bewerbungsverfahren erneut zu durchlaufen.

Bei der Feuerwehr hat sich vor einiger Zeit die Projektgruppe „Einsatz Berlin – Perspektiven für Migrant/innen in der Feuerwehr“ konstituiert. Ihr Leiter, Brandrat Thomas Knauer, wartet aber noch auf das Zeichen zum Einsatz. Das hänge von den Gesprächen mit der Innenverwaltung ab: „Wenn es gewollt ist, sind wir sofort arbeitsfähig.“ Ihm fallen einige Bereiche der Feuerwehr ein, wo Migranten gebraucht werden – zum Beispiel im Notfall-Rettungsdienst. Wenn die Rettungssanitäter nach dem Notruf zu einer türkischen Familie kommen, gibt es häufig sprachliche und kulturelle Verständigungsprobleme. Knauer verweist auf Düsseldorf, wo es möglich ist, sich für die Ausbildung zum Brandmeister auch ohne erlernten Handwerksberuf zu bewerben. Dort vollzieht sich die Ausbildung in zwei Stufen: Erst anderthalb Jahre Handwerkslehre, dann weitere anderthalb Jahre Feuerwehrtechnik bis zum Brandmeister. Das strebt die hiesige Feuerwehr auch an. Dafür ist eine Änderung der Laufbahnverordnung nötig.

Koordiniert wird das Berliner Projekt von der BGZ, einer Gesellschaft, die Richard von Weizsäcker vor 25 Jahren gründete, um die Zusammenarbeit zwischen Berlin und der Türkei zu fördern. Ihre Träger sind das Land Berlin und die Handwerkskammer. Das passt, denn für ein Modell wie das in Düsseldorf müsste die Handwerkskammer mit ins Boot.

Laut Innenverwaltung steht das Vorhaben aber noch ganz am Anfang. Fraglich ist auch, ob der Senat sich auf eine Linie einigen kann. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sprach sich kürzlich in einem Interview mit dem „Behörden-Spiegel“ dagegen aus, Migranten bevorzugt einzustellen. „Der Senator ist sehr dafür, die Zahl der Migranten im öffentlichen Dienst zu erhöhen – wenn sie die Voraussetzungen erfüllen“, sagt seine Sprecherin Kristina Tschenett und meint: die gleichen wie alle. Zusätzliches Geld, das für den Plan der Feuerwehr nötig wäre, werde es nicht geben, es sei denn, die Innenverwaltung nehme es aus ihrem Etat.

In Berlin haben 25,7 Prozent der Einwohner einen Migrationshintergrund. Ihr Anteil an den öffentlich Bediensteten beträgt aber gerade mal 8,5 Prozent. Speziell die Feuerwehr hat Nachwuchssorgen; der Großteil der Bewerber, auch der deutschen, scheitert am Einstellungstest. Migranten müssen obendrein eingebürgert sein oder die Einbürgerung in Aussicht haben: Im feuerwehrtechnischen Dienst gibt es nur Beamtenlaufbahnen.

Fatina Keilani

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