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Beisetzung in der Sehitlik-Moschee: Große Trauer um Burak B.

Das 22-jährige Opfer der Todesschüsse von Buckow wurde am Nachmittag beigesetzt. In stiller Trauer nahmen hunderte Menschen Abschied. Unterdessen haben die Ermittler eine ungewöhnlich hohe Belohnung für entscheidende Hinweise ausgelobt.

Manchmal meint man Burak B. auf seiner eigenen Beerdigung zu erblicken – als ob er noch am Leben wäre. Immer dann, wenn eine der roten Schirmmützen in der Menge vor der Sehitlik-Moschee in Neukölln aufblitzt. Freunde und Angehörige tragen sie aus Solidarität. Die Mütze war Buraks Markenzeichen. Jetzt ist sie sein Grabstein. Ruhe in Frieden, steht mit Filzstift darauf geschrieben. Doch auf der Suche nach seinem Mörder fehlt der Polizei weiter jede Spur.

Etwa 1000 Menschen sind es wohl, die nach dem Freitagsgebet bleiben, um Burak B. die letzte Ehre zu erweisen. Die Polizei spricht von „bis zu 2000“, inklusive derjenigen, die zum Gottesdienst da waren. Einige Beamte und Einsatzwagen stehen vor der Moschee. Sie sollen Sicherheit schaffen, denn noch immer sind die Hintergründe von Buraks Tod völlig unklar. Am Gründonnerstag hatte ein Unbekannter unvermittelt auf eine Gruppe junger Männer in der Rudower Straße in Buckow geschossen, zwei Jugendliche lebensgefährlich verletzt und den 22-jährigen Burak getötet.

Viele der Trauernden haben sich ihre Meinung darüber schon gebildet. Freunde tragen Buraks Sarg auf ihrem Weg zum Grab an einer Handvoll Demonstranten vorbei. „Rassismus ist ein Verbrechen“, steht auf ihren Transparenten. Auch viele Teilnehmer des Trauermarsches glauben an Ausländerhass als Tatmotiv. Burak B. war türkischstämmig. Dass es auch eine Woche nach dem Mord keinen Fahndungserfolg gibt, nährt Gerüchte. Die Polizei ermittle nicht intensiv genug, wie damals bei den Taten der rechten Terrororganisation NSU, heißt es.

Noch hat sich da nicht herumgesprochen, dass die Staatsanwaltschaft 15000 Euro für entscheidende Hinweise ausgelobt hat. Eine ungewöhnlich hohe Summe. Üblich sind bei Tötungsdelikten 5000 Euro. Doch die Spurenlage ist laut Polizei extrem dürftig und die hohe Belohnung wohl auch ein Signal an die muslimische Gemeinde. „Die Tat führte zu einer erheblichen Beunruhigung in der Bevölkerung“, begründet Polizeisprecher Thomas Neuendorf. An diesem Freitag wollten die meisten Gäste aber nur eines: in Stille Abschied nehmen. Nur aus einem weißen tragbaren Lautsprecher knarzt die Stimme des Imams, damit auch die Menschen in den hinteren Reihen ihn verstehen können. Auf dem muslimischen Friedhof nahe der Moschee spricht er für Burak B. ein Gebet, dann schaufeln Freunde und Angehörige Sand auf sein Grab und der Trott von Schaulustigen, Kamerateams und letztlich auch der wahrhaft Trauernden löst sich langsam auf.

Das gibt den Blick frei auf ein weiteres Grab. Es gehört Jusef al-A., gestorben mit 18 Jahren. Erstochen bei einem Streit in Neukölln vor gerade einmal einem Monat. Zu Jusefs Trauermarsch waren seinerzeit fast 3000 Menschen erschienen. Doch von der aufgebrachten Stimmung von damals ist nichts mehr zu spüren. Viele von ihnen stehen heute wieder schweigend an seinem Grab. Doch diesmal haben sie das Foto von Burak an ihr Revers geheftet. Sein Grab ist direkt daneben, übersät mit Blumen und Glückwünschen von Freunden. Doch ganz oben liegt seine rote Kappe. Nur sie verrät, wessen Grab es ist. „Bu Rak“ steht darauf. Ein Spitzname, den er auch auf Facebook verwendete. Und das Sterbedatum. Buraks Tod macht die ganze Gemeinde betroffen. Ein arabischstämmiger Mann, der eigentlich gekommen war, um seine eigene Verwandte zu beerdigen, geht schließlich zu Buraks Trauerfeier herüber und spendet den Angehörigen nun selbst Trost: „Al-Baka lilah.“, sagt er. Das ewige Leben gehört Gott.

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