zum Hauptinhalt
Besetzte Treppe im DGB-Haus in Berlin-Schöneberg.

© Franziska Felber

Update

Flüchtlingsprotest in Berlin: Polizei hat das DGB-Gebäude geräumt

Seit einer Woche harrten etwa 25 Flüchtlinge im Haus des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Berlin aus. Zum Ablauf des Ultimatums ketteten sie sich auf einer Treppe aneinander. Kurze Zeit später räumten 200 Polizeibeamte das Gebäude.

Das Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Schöneberg, in dem seit vergangenem Donnerstag 25 Flüchtling ausharrten, wurde am Donnerstagvormittag von der Polizei geräumt. Die Duldung war um 10 Uhr ausgelaufen. Wiederholt sei versucht worden, eine Einigung zu finden, sagte der Sprecher des DGB-Landesverbandes, Dieter Pienkny. Doch das sei auch am Donnerstagmorgen nicht erreicht worden.

Etwa 16 Flüchtlinge hatten sich auf einer Treppe aneinander gekettet, bei ihnen waren noch etwa fünf Unterstützer. Um Punkt 10 Uhr war DGB-Mitarbeiter Hartwig Paulsen vor die Protestierenden getreten und hatte sie erneut gebeten, das Haus zu verlassen. "Bisher haben wir euch als Freunde betrachtet, ab jetzt sehen wir euch als Besetzer an", erklärte er.

Um kurz vor halb elf trafen die ersten Polizeiwagen ein. Nochmal wurde versucht, die Flüchtlinge zum Gehen zu bewegen, zudem wurde eine Dolmetscherin hinzugezogen, die auf Französisch zu vermitteln versuchte. "Unser Ziel ist, dass niemand verletzt wird", sagte Polizeisprecher Stefan Redlich. Dann trennten die Polizeibeamten die Kette, die die Flüchtlinge sich um die Hälse gelegt hatten, mit einem Bolzenschneider und trugen die Flüchtlinge nach und nach von der Treppe. Gegen 11.15 Uhr war die Treppe wieder frei, dann das Gebäude komplett geräumt.

Strafanzeigen und Verletzte

Die Polizei stellte die Personalien, soweit Dokumente vorhanden, beim Verlassen des Gebäudes fest. Gegen die Besetzer liegt vom DGB Strafanzeige vor, hinzu kommen einige Widerstandsanzeigen durch die Polizei. Zunächst wurden fast alle Besetzer wieder entlassen, die Strafermittlungsverfahren werden eingeleitet. Bis zu drei Personen wurden in die Gefangenensammelstelle gebracht, weil sie keine gültigen Papiere bei sich hatten.

Insgesamt waren rund 200 Polizisten im Einsatz, auch auf dem Dach des Gebäudes. Zwei protestierende Männer trugen bei der Räumung Verletzungen davon und mussten medizinisch versorgt werden. Einer kam in ein Krankenhaus, weil er über Schmerzen am Herz klagte.

Der DGB-Landesverband hatte seine Position schon vor Ablauf des Ultimatums deutlich gemacht. Vor dem Gebäude wurde ein Schild aufgestellt, auf dem steht: "Flüchtlingen helfen? Ja! Haus besetzen? Nein!". Die Entscheidung hatte der DGB damit begründet, dass viele Beschäftigte im Haus an die Grenze der Belastbarkeit gekommen seien. "Die politische Arbeit wurde empfindlich gestört und behindert. Was wir machen konnten, wurde ausgereizt", sagte Sprecher Pienkny. So konnte nach seinen Angaben ein Kontakt zum Mitglied des Bundestages Azize Tank (Die Linke) vermittelt werden, auch ein Angebot zur Unterbringung im Charlottenburger Jugendclub "Schloss" habe es gegeben. Dennoch kam es zu keiner Einigung - obwohl Pienkny betonte, man teile grundlegende politische Forderungen der Flüchtlinge. "Was sie aber letztendlich von uns wollten ist uns nicht klar", sagte Pienkny. "Offensichtlich war ihnen auch nicht klar, welche Funktion ein Gewerkschaftsbund hat."

Kritik am Vorgehen

Die Flüchtlinge fordern Aufenthaltstitel, eine Arbeitserlaubnis und den Beitritt in eine Gewerkschaft. Letzteres sei aber laut DGB nicht möglich, da es sich um keine regulären Arbeitnehmer handle, um die sich die Gewerkschaften sonst kümmern.

Vor Ort waren auch die Sprecher für Flüchtlingspolitik Hakan Tas (Die Linke) und Fabio Reinhardt (Piraten). Reinhardt zeigte sich betroffen, dass es zur Räumung kommen musste. "Ich hätte mir gewünscht, dass es eine andere Lösung gibt, wie in der Thomaskirche." Mitte September hatten 62 Flüchtlinge die Kirche am Mariannenplatz in Kreuzberg freiwillig verlassen. Hakan Tas sagte, er hielte Aktionen wie diese nach wie vor in einigen Fällen für sinnvoll, um Öffentlichkeit zu erzeugen. Die Lösung des Problems aber liege selbstverständlich nicht beim DGB. "Jetzt können wir nur an die Bundesregierung appellieren, sich in der EU für eine menschwürdige Asylpolitik einzusetzen", sagte Tas.

Sehen Sie hier die interaktive Grafik zu den Orten der Flüchtlingsproteste in Berlin.

Zur Startseite