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Helfende Hand. Viele alte Menschen sind auf Mitarbeiter der Pflegedienste angewiesen.

© dpa

Betrugsvorwürfe in der Pflege: Jetzt wehren sich die Sozialverbände

Die Wogen schlagen hoch: Sozialstaatssekretär Michael Büge (CDU) macht "mafiöse Strukturen" in der ambulanten Pflege aus. Die Sozialverbände wehren sich gegen Pauschalverurteilungen, fordern Fakten und mehr Kontrollen.

Die Verbände der Wohlfahrtspflege in Berlin haben empört auf Medienberichte zu angeblich systematischem Betrug in der Pflegebranche reagiert. Hintergrund sind Äußerungen von Sozialstaatssekretär Michael Büge (CDU) vom Wochenende, nach dessen Einschätzung jeder dritte ambulante Pflegedienst in Berlin Abrechnungsbetrug begeht. Büge sprach in einem Zeitungsbericht von „mafiösen Strukturen“. Die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege reagierte verärgert und warf dem CDU-Politiker undifferenzierte Pauschalverdächtigungen vor. Nach Einschätzung der Senatssozialverwaltung begeht laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ jeder dritte der 560 ambulanten Pflegedienste Abrechnungsbetrug. Der Schaden belaufe sich auf rund 100 Millionen Euro im Jahr.

Laut Büge ist es "eine einfache mathematische Rechnung"
Büge hatte zuvor wiederholt den Vorwurf geäußert, die Pflegedienste kassierten für Leistungen, die sie nicht erbracht hätten. Dabei steckten oft Klienten und Betreuer unter einer Decke. In der RBB-Abendschau sagte er, es sei eine „einfache mathematische Rechnung“.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin, der größte Dachverband freier Träger in der Stadt, fühlt sich durch Betrugsvorwürfe des Staatssekretärs verleumdet. Der Politiker solle Anzeige gegen betroffene Einrichtungen erstatten anstatt „Rufmord“ an einer ganzen Branche zu begehen, forderte der Verband: „Eine konsequente Verfolgung betrügerischer Pflegedienste ist im Interesse aller korrekt arbeitenden Pflegedienste und ihrer Verbände.“ Einmal mehr werde deutlich, dass „die Senatsverwaltung und die Bezirke ihre Kontrollpflichten sozialer Leistungen vernachlässigen und dies im Konfliktfall mit Pauschalverurteilungen sozialer Anbieter vertuschen“.

Paritäter verweisen auf Qualitätsprogramm und Bestnoten
Büge kündigte gestern mehr Kontrollen an und sagte, auch die Patientenbeauftragte sei Ansprechpartnerin.
Die Ligaverbände forderten „konkrete Fakten über Verdachtsfälle“, Büge solle „zwischen den Pflegediensten differenzieren“. Sie kritisierten, dass der Staatssekretär Pflegedienste, gegen die zu keiner Zeit konkrete Anschuldigungen erhoben worden seien, in einen Topf mit betrügerischen Einrichtungen werfe. Der Paritätische verwies auf ein Qualitätsentwicklungsprogramm und Bestpflegenoten bei jährlichen Prüfungen. dpa, epd, kög

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