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Margarete Koppers ist seit 2010 Vizepräsidentin der Berliner Polizei und amtiert zurzeit als deren Chefin. Zuvor arbeitete sie in der Berliner Justiz, zuletzt als Vizepräsidentin des Landgerichts.

© dpa

Polizeichefin Koppers zu den Autobränden: "Den Tätern geht es um symbolträchtige Aktionen"

Die amtierende Polizeichefin Margarete Koppers über mögliche Motive, die Politisierung der Zündeleien und den Verdacht gegen einen Verurteilten.

Frau Koppers, hat die Polizei genug Leute, um die Autozündler zu verfolgen?

Ja. Weil es nicht um Quantität, sondern um Qualität geht. Es hilft uns nicht, hunderte Polizisten aus anderen Bundesländern oder dem Bund in Berlin einzusetzen, die nicht wissen, was sie tun und sich hier nicht auskennen. Wir müssen darauf achten, dass es qualifizierte Kollegen sind, die in der Fahndung Erfahrung haben, die wissen, worauf sie achten müssen und gewohnt sind, im Verbund und in Berlin zu arbeiten. Deshalb helfen uns die aktuellen Forderungen nach Unterstützungskräften nicht. Ganz abgesehen davon, dass kein Bundesland uns seine Kräfte für längere Zeit zur Verfügung stellen könnte, weil die vor Ort gebraucht werden.

Wie viele Polizisten sind pro Nacht in Sachen Autozündler im Einsatz?

Immer mindestens 130.

Kräfte der Einsatzhundertschaft?

Es sind uniformierte und zivile Kräfte.

Neuerdings brennen Autos serienweise. Sind die Täter in kleinen Gruppen oder allein unterwegs?

Dazu haben wir keine gesicherten Erkenntnisse. Wir können Rückschlüsse ziehen aus den Taten oder Tatserien, bei denen wir Festnahmen getätigt haben oder Verdächtige im Visier hatten. Wir gehen zurzeit davon aus, dass es einzelne, nicht in der linken Szene vernetzte und verwurzelte Täter sind, weil wir Erkenntnisse haben, dass die linksextreme Szene diese Taten nicht unterstützt. Dass heißt, dass die Täter – anders als noch 2009 - in der linken Szene kein politisches Fundament haben. 2009 waren es andere Angriffsziele als heute – hochwertige Fahrzeuge. Und es ging um konzentrierte Gebiete, in denen das Thema Gentrifizierung aktuell war oder um Fahrzeuge bestimmter Unternehmen, die für Kapitalismus oder Gentrifizierung als Feindbilder herhalten mussten.

Und heute?

Heute scheint diese politische Motivation keine Rolle mehr zu spielen, allerdings geht es um symbolträchtige Aktionen. Denn jedenfalls in den letzten Nächten waren vorwiegend Fahrzeuge deutscher Marken betroffen – Audi, BMW und Mercedes. Der oder die Täter haben darauf geachtet, gezielt diese Fahrzeuge zu treffen. Es ging aber nicht darum, gezielt hochwertige Fahrzeuge, die zum Teil in der Nähe standen, anzugreifen.

Der Regierende Bürgermeister und der Innensenator haben die Bürger zur Wachsamkeit aufgefordert. Worauf sollen Leute achten, die nachts in der Stadt unterwegs sind?

Wir gehen eher von allein oder zu zweit agierenden Tätern aus. Die Bevölkerung sollte schon darauf achten, ob gerade in diesen ruhigen Wohngegenden, die jetzt betroffen waren, Unbekannte zu beobachten sind. Fremde Personen, die sich auffällig bewegen, dunkel gekleidet sind, ohne Licht fahren – darauf sollte man achten.

Die ohne Licht Fahrrad fahren?

Oder Motorrad. Sich auf die Lauer zu legen, ist ein mühsames Unterfangen. Das können die Polizistinnen und Polizisten bezeugen, die jetzt unterwegs sind. Und ich warne davor, Gedanken an eine Bürgerwehr in die Tat umzusetzen. Das hilft niemandem weiter und produziert nur noch mehr Probleme.

Die Polizei vermutet die Brandstifter in der linksextremen Szene. Diskutiert die Szene die Brand-Serie?

Die Behauptung, dass wir sie da vermuten, habe ich nicht aufgestellt. Unsere These ist zurzeit: Die Taten in den letzten Nächten sprechen nicht für Täter aus der linksextremen Szene. Diese Szene stellt sich gegen die Taten. In der Szene sind diese Taten nicht mehr vermittelbar. Es ist kein politisches Ziel damit erreichbar, anders als 2009. Damals waren Brandstiftungen an Kraftfahrzeugen als politisches Mittel noch akzeptiert. Wir gehen davon aus, dass es aktuell um Personen geht, die sich am Rande dieser Szene bewegen – oder gar nichts damit zu tun haben und jetzt die Gelegenheit nutzen, sich auf eine feige Weise Gehör zu verschaffen.

Sie vermuten also nicht, dass es Leute sind, die sich als autonome Anarchisten oder ähnliches verstehen?

Das ginge in Richtung Linksextremismus. Ich vermute eher, dass es versprengte Einzeltäter sind, die in der linken Szene nicht verwurzelt sind und eher versuchen, sich auf diese Weise in der Szene einen Namen zu machen. Aufrufe, in Berlin gleiches wie in London zu produzieren, sind in der Szene ja auch verhallt. Das will hier eben keiner.

Haben Sie Verdächtige? So war von einem Mann die Rede, der wegen Brandstiftung verurteilt worden und nun wieder frei ist?

Natürlich haben wir solche Personen im Blick. Es gibt aber keine Anhaltspunkte, dass nun gerade diese Person mit den jüngsten Taten im Zusammenhang steht. Abgesehen vom derzeit nicht erkennbaren politischen Hintergrund der Taten gehen wir davon aus, dass wenigstens 50 Prozent der Taten einen völlig anderen Hintergrund haben, etwa Versicherungsbetrug oder Konkurrentenstreitigkeiten oder enttäuschte Liebe.

Warum passieren die Brandstiftungen gerade in Charlottenburg und Westend?

Dazu haben wir keine konkreten Erkenntnisse.

Mit Margarete Koppers sprach Werner van Bebber.

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