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Potsdam Bürgerhaus Schlaatz: Gedenken Elias.

© Manfred Thomas

Update

Leiche gefunden - DNA-Analayse soll Klarheit bringen: Potsdam trauert um Elias

Die Polizei hat möglicherweise den Leichnam von Elias gefunden. Der mutmaßliche Mörder von Mohamed hat auch den Mord an dem Sechsjährigen aus Potsdam gestanden. In Potsdam gab es am Abend eine Trauerfeier.

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Möglicherweise ist der Leichnam von Elias gefunden

Die Polizei fand bei der Suche nach Elias in Luckenwalde auf dem Grundstück in der Laubenkolonie "Am Honigberg" ein Paket, das nach Tagesspiegel-Informationen eine Kinderleiche enthielt. Am Abend bestätigte dies eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Potsdam. Ob es sich bei dem toten Kind um Elias handelt, sei noch unklar. Eine DNA-Analyse solle Klarheit bringen. Man habe das Paket dafür in die Gerichtsmedizin Berlin gebracht, weil dort auch schon Mohameds Leiche obduziert worden sei. Das Ergebnis wird für Sonntag erwartet. Das Grundstück werde auch morgen weiter untersucht, um eventuelle weitere Beweismittel zu sichern, sagte die Sprecherin.

Trauerfeier für Elias

Derweil läuft eine Gedenkveranstaltung im Bürgerhaus am Schlaatz in Potsdam. Hier hatten sich die freiwilligen Sucher getroffen, um das Wohngebiet zu durchforsten. Es herrscht tiefe Trauer. Anja Berger fällt es sichtlich schwer, ihre Tränen zu verbergen. Dennoch steht die junge Frau tapfer oberhalb der kleinen Treppe vor dem Bürgerhaus und spricht zu den rund 150 Trauernden.

Sie danke allen, die mitgeholfen hätten, zu suchen. „Wir und die Familie sind euch unendlich dankbar dafür. Ihr habt uns geholfen, jeder von euch.“ Nun sei es leider Gewissheit, dass man Elias nicht mehr in die Arme schließen könne. Anja Berger ist eng befreundet mit dessen Mutter und ihrem Lebenspartner. Sie spricht auch für die Familie, die verständlicherweise an diesem Tag nicht zu sehen ist.

Ihre Trauer und ihren Schmerz über den grausamen Tod des Jungen teilten am Abend viele Anwohner und Nachbarn. Immer mehr Kerzen wurden auf der Treppe vor großen aufgestellten Plakaten mit den Bildern von Elias, dem vierjährigen Mohamed und von Inga platziert, dem Mädchen, dass in Stendal verschwand und noch immer vermisst wird.

Direkt vor dem Foto des Jungen legte jemand einen weißen Plüschhasen ab, weitere Stofftiere kamen hinzu sowie rote und weiße Rosen. Dann legte sich wie auf ein Zeichen Stille über den Platz zwischen den Plattenbauten, nur das Bellen eines Hundes in der Ferne störte kurz die Ruhe. Immer wieder hielten sich trauernde Pärchen fest in den Armen. Eine ältere Frau stand gedankenverloren herum und schaute auf das Lichtermeer der Kerzen. Sie habe damals im Juli mitgeholfen und für die freiwilligen Helfer Brötchen geschmiert und Kaffee gekocht, sagte sie.

Kriminaltechniker durchsuchen am Freitag eine Gartenlaube in einer Kleingartensiedlung in Luckenwalde.
Kriminaltechniker durchsuchen am Freitag eine Gartenlaube in einer Kleingartensiedlung in Luckenwalde.

© Patrick Pleul/dpa

Auch die Stadtteilpfarrerin am Schlaatz, Ute Pfeiffer, reagierte betroffen auf die Entwicklung im Fall Elias. Eigentlich habe sie am Freitag in den Urlaub fahren wollen. Stattdessen nahm sie an der Trauerfeier in ihrem Kiez teil. „Wir haben so lange verzweifelt gesucht, gehofft, manche haben gebetet. Das ist jetzt für uns natürlich ein Schock“, sagte sie.

„Unsere schlimmsten Befürchtungen sind jetzt offensichtlich eingetreten.“ Nun bleibe nur noch, Abschied zu nehmen. Schlimm sei vor allem, wie der Junge gestorben sei. „Da fehlen sogar mir als Pfarrerin die Worte“, so Pfeiffer. Wenn das schreckliche Drama etwas Gutes haben kann, dann ist es vielleicht der Zusammenhalt im Kiez. Darauf spielte auch Anja Berger in ihrer kurzen Rede an. Was sie persönlich aus den vergangenen Monaten mitnehme, sei, dass man Zusammenhalt und Hilfe finden könne, auch bei Fremden. „Und dass man jeden Tag mit seinen Liebsten genießen sollte, als wäre er der letzte“.

Die Mutter von Elias ist informiert

Seit Donnerstag arbeiten Brandenburger und Berliner Polizei in einem gemischten Ermittlerteam zu den Fällen der beiden getöteten Jungen Mohamed und Elias. Michael Scharf, Stabsleiter der Polizei in Brandenburg sagt, man habe die Mutter von Elias aufgesucht und ihr Hilfe angeboten, bevor die Nachricht über ihren Sohn an die Öffentlichkeit gegangen sei. Dies war zunächst nicht klar gewesen. Scharf sagt, man habe "ihr angedeutet, was eintreten kann".

Der Berliner Oberstaatsanwalt Michael von Hagen sagte, Silvio S. sei strafrechtlich gesehen "ein unbeschriebenes Blatt" gewesen. Im Blick auf den Anfang Oktober vor dem Lageso in Berlin entführten und ermordeten Mohamed sagt von Hagen: Silvio S. habe selbst ausgesagt, er habe am 1. Oktober das Gelände des Lageso betreten, "um Dinge zu spenden". Er habe, zitiert von Hagen den 32-Jährigen, dort "Gutes tun wollen und Spielsachen und Kuscheltiere mitgebracht".

Silvio S. war nach Einschätzung der Polizei ein Einzeltäter

Silvio S. hat den Ort, an dem Elias vergraben sein soll, benannt. Eine Leiche sei allerdings noch nicht gefunden worden, so der Brandenburger Oberstaatsanwalt bei der Pressekonferenz am Nachmittag in Berlin. Michael Scharf, Stabsleiter Polizei Brandenburg, sagt, Silvio S. sei bei einem Wachschutzunternehmen beschäftigt gewesen, es habe aber keine Anhaltspunkte gegeben, dass er in Berlin gearbeitet habe. Man sei zudem mit der Sonderkommission im Fall der bei Stendal verschwundenen fünfjährigen Inga in Kontakt. "Wir reden von einem Täter, der nicht an nur einem Ort agiert", so Scharf. Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt "erfahren deshalb jetzt besondere Aufmerksamkeit". 

Derzeit geht die Polizei nach wie vor von einem Einzeltäter aus.

Mohamed Januzi wurde in der Wohnung des Täters sexuell missbraucht und ermordet.

Auf der Pressekonferenz von Berliner und Brandenburger Polizei sowie Staatsanwaltschaft bestätigt Oberstaatsanwalt Michael von Hagen offiziell, dass es sich bei dem am Donnerstag in einer Wanne im Wagen des 32-jährigen Silvio S. gefundenen Leichnams um den vierjährigen Mohamed Januzi handelt.

Mohamed wurde demnach offenbar kurz nach seiner Entführung getötet, die Erkenntnisse der Obduktion bestätigen die Darstellung von Silvio S., dass der vierjährige Junge erdrosselt worden ist. Im Verlauf der Vernehmung hat der 32-Jährige die Tat "umfassend eingeräumt", so der Oberstaatsanwalt. Demnach hat er Mohamed vom Lageso in Moabit in seine Wohnung im Haus seiner Eltern in Niedergörsdorf gebracht. Dort sei es "im Verlauf des Abends und am nächsten Tag zu sexuellen Handlungen" gekommen. Als Mohamed offensichtlich "gequengelt" habe und weg wollte, habe er Mohamed erwürgt. Danach legte er den Leichnam auf dem Dachboden des Wohnhauses seiner Eltern in einer Wanne ab und bedeckte diesen mit Katzenstreu.

Am vergangenen Donnerstag brachte Silvio S. die Wanne in sein Auto und fuhr damit zum Einkaufen. Als er wieder zum Elternhaus zurückkam, war die Polizei schon dort.

Mohamed (links) ist tot. Sein mutmaßlicher Entführer hat eingeräumt, auch Elias aus Potsdam getötet zu haben.
Mohamed (links) ist tot. Sein mutmaßlicher Entführer hat eingeräumt, auch Elias aus Potsdam getötet zu haben.

© Polizei

Mutmaßlicher Mörder Mohameds gesteht Mord an sechsjährigem Elias.

Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin, Martin Steltner, am Freitag bestätigte, hat der mutmaßliche Mörder des vierjährigen Mohamed auch den Mord an dem vermissten sechsjährigen Elias gestanden.

Der 32-Jährige habe zugegeben, den kleinen Mohamed bereits einen Tag nach der Entführung am 1. Oktober sexuell missbraucht und dann getötet zu haben. Schließlich habe der Mann auch gestanden, den sechsjährigen Elias umgebracht zu haben. Die Ermittler werden diesen Informationen jetzt nachgehen, sagte Steltner.

Elias' Leiche soll auf dem Gelände einer Kleingartenkolonie in Luckenwalde vergraben sein.

Der sechsjährige Elias aus Potsdam wurde seit dem 8. Juli vermisst. Sein Verschwinden hatte eine beispiellose Suchaktion unter Beteiligung der Bevölkerung nach sich gezogen. Bereits Mitte August gingen die Ermittler jedoch davon aus, dass Elias tot ist.

Die Berliner Polizei hat um 14 Uhr zu einer Pressekonferenz gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft und den Brandenburger Kollegen eingeladen. Die Obduktion des kleinen Mohamed ist nach Tagesspiegel-Informationen abgeschlossen, nur die Ergebnisse des DNA-Gutachtens liegen noch nicht vor. Ob die Leiche von Elias schon gefunden wurde, ist derzeit unklar - ebenso, ob die Mutter des Sechsjährigen, die nicht mehr in der alten Wohnung in Potsdam lebt, bereits informiert wurde.

Auch auf die bange Frage, ob dem mutmaßlichen Täter noch mehr Kinder zum Opfer gefallen sind, gibt es derzeit noch keine Antwort. Berlins LKA-Chef Christian Steiof sagte, man prüfe auch "Zusammenhänge zum Fall Inga der Staatsanwaltschaften aus Sachsen-Anhalt." Die 5-jährige Inga war Anfang Mai in einem Waldstück bei Stendal spurlos verschwunden.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) zeigte sich betroffen: "Wir blicken in tiefschwarze Abgründe der menschlichen Seele." Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sagte, er sei noch in "Schockstarre". Tiefes Mitgefühl gehöre den Familien. Wenn es ein Gutes gebe, dann "dass wir einen Serientäter gestoppt haben, und vielleicht auch den Fall in Sachsen-Anhalt aufgeklärt." Und: "Manchmal ist eine traurige Gewissheit besser als ein scheinbar unendliches Leben in Ungewissheit."

Die Polizei sucht den Leichnam von Elias.

Die Laubenkolonie Am Honigberg in Luckenwalde in Brandenburg ist am Freitagmittag weiträumig abgesperrt. Dort soll der mutmaßliche Mörder von Mohamed den Leichnam des sechsjährigen Elias aus Potsdam vergraben haben. Fotografen, Reporter und Fernsehteams sind vor Ort, sowie einige Laubenbesitzer, die eigentlich zu ihren Grundstücken wollten und jetzt an der Absperrung stehen. Der Polizeisprecher vor Ort sagt: "Wir führen einen Einsatz durch", und will sich darüber hinaus nicht äußern.

"Eine Tragödie, wir sollten nicht spekulieren."

Der mutmaßliche Mörder des vierjährigen Mohameds hat bei seinen Eltern in der brandenburgischen Gemeinde Niedergörsdorf gewohnt. Auf dem Gehweg vor dem Haus hat jemand ein Kerze gestellt und eine weiße Rose abgelegt. Am Freitag sind viele Journalisten im Ort, einer der Nachbarn redet in diverse Fernsehkameras auch über die Familie des 32-Jährigen und erklärt, den jungen Mann habe eigentlich niemand gemocht, der sei "nicht ganz richtig im Kopf". Der Ortsvorsteher Christian Laiblin stellt den Mann zur Rede und verlangt von ihm, jetzt nicht weiter über die Familie zu sprechen. Das sei alles "eine riesige Tragödie", sagt er, "wir sollten nicht spekulieren."

Der 32-Jährige hat nach seiner Festnahme gestanden, Mohamed entführt und den sechsjährigen Elias aus Potsdam-Schlaatz ermordet zu haben. Vor dem Bürgerhaus in Schlaatz findet heute Abend um 18 Uhr eine Gedenkveranstaltung statt.

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