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Der Hashtag #Hass ist auf einem Bildschirm zu sehen (Symbolfoto).

© picture alliance / dpa

Update

Erfundener Vergewaltigungsfall in Berlin-Mahlsdorf: Lügengeschichte versetzt Netz in Aufruhr

Eine 13-Jährige behauptet, Migranten hätten sie vergewaltigt. Schnell ist klar: Nichts Derartiges ist passiert. Am Montagabend gab es eine spontane Kundgebung gegen das angebliche Verschweigen des Falles.

Eine offensichtlich erfundene Geschichte über die vermeintliche Vergewaltigung einer 13-Jährigen aus Berlin-Mahlsdorf durch mehrere Migranten hat in der vergangenen Woche das Netz in Aufruhr versetzt. Die Familie des angeblichen Opfers hatte das Mädchen am vergangenen Montag als vermisst gemeldet und angegeben, sie sei auf dem Schulweg verschwunden. Als die 13-Jährige am folgenden Tag wieder auftauchte, erzählte sie, sie sei von mindestens drei "Südländern" entführt und vergewaltigt worden. Als sie von der Polizei vernommen wurde, kamen jedoch Zweifel an der Geschichte auf.

"Nach unseren Erkenntnissen hat weder eine Entführung noch eine Vergewaltigung stattgefunden", stellte ein Polizeisprecher am Montag klar. Genauere Angaben zu Widersprüchen oder erfundenen Tatsachen wolle er nicht machen, um das Mädchen zu schützen. Obwohl an der Geschichte offenbar wenig dran ist, versetzte die Meldung das Netz in Aufruhr.

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Spätestens als die Tante des Mädchens einem russischen Fernsehsender ein Interview gab und dieses vom rechten Facebook-Account Anonymous am Sonntag mit deutschen Untertitel auf der Plattform verbreitet wurde, kursierten im Internet zahlreiche Verschwörungstheorien, die die Untätigkeit der Polizei und die zurückhaltende Berichterstattung der "Mainstreammedien" verurteilten. Am Montagvormittag wurde das Video schon über 19.000-mal geteilt und 800.000-mal angesehen.

Im Bericht und in den Beiträgen darunter wird immer wieder auf die Übergriffe in Köln verwiesen, Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht und die Bildung von Selbstjustiz und Bürgerwehren gefordert. Die Berliner Polizei nahm zwar mehrfach auf ihrer Facebook-Seite Stellung, konnte den wütenden Netz-Mob mit ihren Antworten aber kaum befriedigen.

Ich habe mir die Internetmeldung bei Facebook und die Kommentare dazu durchgelesen. Das Niveau dort ist wesentlich niedriger als hier im Kommentarbereich des Tagesspiegels und vor allem erkenne ich bei vielen Nutzern dort eine komplette Faktenresistenz, sie leben anscheinend in ihrer eigenen verqueren Welt.

schreibt NutzerIn lahaine

Der angebliche Vorfall war auch Thema auf der von der NPD organisierten Demonstration am Samstagnachmittag in Marzahn. Dort protestierten etwa mehrere Dutzend Menschen unter dem Motto "gegen sexuelle Übergriffe. Schützt unsere Frauen". Ein Verwandte der angeblich Vergewaltigten hielt eine Rede.

Auch am Montagabend gab es eine spontane, nicht angemeldete Kundgebung in Marzahn. Ungefähr 250 Menschen nahmen daran teil. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, gab es einen Redebeitrag auf Russisch. Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle.

Es ist nicht das erste Mal, dass im Netz Lügengeschichten verbreitet werden, um Flüchtlinge in der Öffentlichkeit zu diskreditieren und die Stimmung anzuheizen. Einen besonders skurrilen Fall gab es im Saale-Holzland-Kreis (Thüringen). Dort wurde behauptet, dass Geflüchtete Jagd auf Schwäne machen, um diese zu später zu verzehren. Robert Klages ist der Geschichte nachgegangen. Hier können Sie seinen Text "Und nein, Flüchtlinge essen auch keine Schwäne" nachlesen.

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