zum Hauptinhalt

Schüsse in Schönfließ: Erneut belasten Zeugen den angeklagten Polizisten

Am Silvesterabend 2008 hat ein Polizist den Intensivtäter Dennis J. erschossen. Es war Notwehr, sagt der Beamte. Das Gericht hörte nun erneut Zeugen, die Zweifel an dieser Aussage schüren.

Von Matthias Matern

Im Prozess um die tödlichen Schüsse eines Berliner Polizeibeamten auf den Intensivstraftäter Dennis J. in Schönfließ (Oberhavel) vor anderthalb Jahren haben erneut Zeugenaussagen Zweifel an den Ausführungen der Angeklagten aufkommen lassen. So sagte etwa ein 40-Jähriger aus der Nachbarschaft des Tatorts am Dienstag vor dem Landgericht Neuruppin aus, er habe die Schüsse am Silvesterabend 2008 sofort als solche erkannt. Der Zeuge ist selbst Polizist.

"Es waren Pistolen- oder Revolverschüsse"

Zur Tatzeit hatte der Beamte in der Nähe seinen Hund ausgeführt und hatte später noch versucht, dem tödlich angeschossenen 26-jährigen Serienstraftäter erste Hilfe zu leisten. Als Polizeihauptmeister könne er Schüsse von Böllern unterscheiden, versicherte der 40-Jährige. „Ich weiß, wie Schüsse sich anhören. Es waren Pistolen- oder Revolverschüsse.“ Vor allem sei ihm aufgefallen, dass das Magazin offenbar sehr schnell und am Stück leergeschossen worden sei.

Die beiden ebenfalls am Einsatz beteiligten Beamten hatten dagegen ausgesagt, sie hätten die Schüsse ihres Kollegen für Silvesterböller gehalten und sonst nichts bemerkt. Während die Staatsanwaltschaft Neuruppin dem 36-jährigen Hauptangeklagten Reinhard R. Totschlag vorwirft, stehen Olaf B. (33) und Heinz S. wegen versuchter Strafvereitelung im Amt vor Gericht. Reinhard R. hatte sich auf Notwehr berufen, weil Dennis J. ihn und seine Kollegen angeblich umfahren wollte. Der Autodieb und Einbrecher aus Berlin-Neukölln war den Fahndern bereits mehrfach entkommen. Der Vorfall hatte für großes Aufsehen gesorgt.

Auch eine Polizeibeamtin erkannte Schüsse

Auch die zweite Zeugenaussage des gestrigen Verhandlungstages stützte die Version der Angeklagten nicht. Eine weitere Polizeibeamtin, die am betreffenden Abend in einem Polizeirevier in Berlin saß, gab während der Befragung zu, auch sie habe am Telefon die Knallgeräusche als Schüsse erkannt. Einer der beiden angeklagten Polizisten hatte sie kurz vor den Schüssen angerufen, um ein Nummernschild überprüfen zu lassen.

Zeuginnen: Das Auto wurde erst nach dem ersten Schuss angelassen

Bereits in der vergangenen Woche hatten Zeugenaussagen die Glaubwürdigkeit der drei Angeklagten erschüttert. So hatten zwei 15 und 16 Jahre alte Schwestern ausgesagt, der erste Schuss sei bereits gefallen, als das Auto, in dem Dennis J. saß, noch mit ausgeschaltetem Motor stand. Am Donnerstag wird die Verhandlung fortgesetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false