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Fall Sürücü: Hatuns Bruder will sich neuem Prozess doch nicht stellen

Entgegen seiner Ankündigung bleibt Mutlu Sürücü in der Türkei. Die Bundesrepublik will einen internationalen Haftbefehl.

Von Sabine Beikler

Diese Bluttat erregte bundesweites Aufsehen: der Mord an Hatun Sürücü am 7. Februar 2005 wegen ihres westlichen Lebensstils. Im April 2006 wurde ihr jüngster Bruder Ayhan wegen Mordes zu einer Gefängnisstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Die mitangeklagten Brüder Mutlu und Alpaslan wurden freigesprochen. Dagegen legte die Berliner Staatsanwalt Revision ein. Als der Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig die Freisprüche der Sürücü-Brüder Mutlu und Alpaslan aufhob, sagte Heinz Möller, Anwalt von Mutlu Sürücü, sein Mandant wolle bei einer erneuten Verhandlung freiwillig vor Gericht erscheinen. Das war im August 2007. Doch daraus wird nichts: „Mutlu Sürücü kommt nicht zur Verhandlung“, sagte Möller dem Tagesspiegel (siehe Interview). Trotz des Freispruchs gelte Mutlu Sürücü in der Öffentlichkeit als „verurteilt“. Mutlu Sürücü hat die deutsche Staatsbürgerschaft und hält sich zurzeit in der Türkei auf.

Nach der BGH-Entscheidung muss der Mord an Hatun Sürücü neu verhandelt werden. Ayhan Sürücü ist rechtskräftig verurteilt: Er hat seine Schwester auf offener Straße mit drei Kopfschüssen ermordet. Eine Kronzeugin sagte damals im Prozess vor dem Landgericht aus, ihr damaliger Freund Ayhan habe ihr anvertraut, dass Mutlu Sürücü die Waffe besorgt habe. Sein Bruder Alpaslan soll bei der Tat Schmiere gestanden haben. Diese Aussagen hatte Ayhan Sürücü zwar bestätigt. Doch bestritt er, die Wahrheit gesagt zu haben. Er habe der Kronzeugin diese Version nur erzählt, um sie zu beruhigen. Der BGH nannte diese Aussage „wenig plausibel“.

Noch gibt es zwar keinen Termin für eine neue Verhandlung. Nach Tagesspiegel-Informationen sollen bereits Haftbefehle gegen die Brüder Mutlu und Alpaslan beantragt worden sein. Ob der Ermittlungsrichter den Anträgen stattgegeben hat, ist nicht bekannt. Mit Verweis auf das laufende Verfahren geben Staatsanwaltschaft und Landgericht keine Auskünfte.

Während Mutlu Sürücü Deutscher ist, hat Alpaslan Sürücü die türkische Staatsbürgerschaft. Das ist für das weitere Verfahren relevant: Die Behörden werden vermutlich beide Haftbefehle international zur Fahndung ausschreiben. Im Fall von Mutlu Sürücü können die deutschen Behörden die Türkei um Auslieferung ersuchen. Beide Staaten haben das EU-Auslieferungsabkommen ratifiziert. In der Regel werden deutsche Staatsbürger ausgeliefert. „Wir gehen davon aus, dass in diesem Fall ausgeliefert wird“, heißt es aus Justizkreisen auf Bundesebene.

Bei Alpaslan Sürücü liegt eine andere Situation vor. Die Auslieferung kann ohne nähere Angaben abgelehnt werden. Allerdings kann er von türkischen Behörden befragt werden – und auch in der Türkei eine mögliche Strafe verbüßen. Kurz vor der BGH-Entscheidung wollte Alpaslan Sürücü nach Deutschland einreisen: Die Ausländerbehörde verweigerte ihm jedoch die Einreise, da seine Aufenthaltserlaubnis erloschen war. Er hatte sich länger als sechs Monate im Ausland aufgehalten. Ob er sich jetzt freiwillig bei den Behörden meldet, ist sehr unwahrscheinlich. „Er muss seine Entscheidung treffen“, sagte sein Anwalt Matthias Kock.

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