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Wenn kein Auto zwischen Alex und Strausberger Platz zu sehen ist, dann ist Marathon-Sonntag.

© Jörn Hasselmann

Falschparker in Berlin: Nur beim Marathon wird abgeschleppt

Falschparker müssen sich in Berlin nur ein Mal im Jahr fürchten - wenn die Läufer kommen. Für normale Berliner schleppt niemand Autos ab. Ein Kommentar.

Wo sind sie nur geblieben, die Autos? 42.195 Meter ohne geparktes Blech am Straßenrand – wie ungewohnt. Einmal im Jahr schleppt die Polizei rigoros ab, es ist ja Marathon, es dient der Sicherheit der Läufer. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht folgt sogleich: An den restlichen 364 Tagen passiert das nicht, sehen Ordnungsämter und Berliner Polizei kollektiv weg.

Schulkinder werden durch rücksichtslos zugeparkte Kreuzungsecken gefährdet, Blinde laufen an Ampeln gegen Autos, die dort wie selbstverständlich abgestellt werden. Nicht für Minuten, nein, für Stunden oder den ganzen Tag. Es droht ja kein Knöllchen, kein Abschleppwagen. Radfahrer müssen Slalom um Falschparker fahren, weil Radwege blockiert sind. Falschparken ist so bequem und billig, dass die Parkhäuser zur Hälfte leer stehen.

Ein Tag im Jahr lässt sich sicher Radfahren in der Leipziger Straße. Die anderen 364 Tage dominiert das Auto.
Ein Tag im Jahr lässt sich sicher Radfahren in der Leipziger Straße. Die anderen 364 Tage dominiert das Auto.

© Jörn Hasselmann

An diesem Wochenende jedoch wurden entlang der Strecke genau 781 Autos abgeschleppt, teilte die Polizeipressestelle mit. Im - wohlgemerkt gesamten - Jahr 2015 (und in der gesamten Stadt) waren es dagegen nur 150 Autos, die Radspuren blockierten. Das ist keine schlechte Nachricht mehr, das ist ein Skandal.

Die Zahlen zeigen, wie wichtig Polizei und Politik der Schutz von Kindern, Alten und Behinderten wirklich ist. Um gegen diese Zustände zu protestieren, kaperten am Sonntag gut 50 Radler ein zweites Mal nach 2015 den Marathon. Ungehindert und unbeachtet gingen sie um 7 Uhr auf eigene Faust an den Start am Großen Stern, fuhren die 42.195 Meter ab. Einfach so.

Eingeladen zum Marathon-Radeln mit dem „einzigartigem blechfreien Genuss“ hatte Fahrradaktivist Heinrich Strößenreuther, der auch den Fahrrad-Volksentscheid angeschoben hat. Zwei Stunden Zeit zu sinnieren, wo die ganzen Autos eigentlich gerade sind, die ab Montag auch diese 42 Kilometer Straße wieder zuparken.

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