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Das Unglücksflugzeug auf einem Feld in der Nähe von Birkenwerden im Oderbruch.

© dpa

Update

Versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung: Neun Jahre Haft für Flugschüler

Aus einer ursprünglich harmlosen Flugstunde wurde ein Alptraum. Der Flugschüler greift den neben ihm sitzenden Lehrer in 1500 Meter Höhe plötzlich an und will die Maschine zum Absturz bringen. Dafür soll er jetzt neun Jahre ins Gefängnis. Das Tatmotiv bleibt mysteriös.

Am Ende des langen Prozesstages versteckte die 85-jährige Mutter ihre Tränen hinter einer großen und dunklen Brille. Sie reagierte kaum noch auf die Zeichensprache ihres 52-jährigen Sohnes, der in einem der mysteriösesten Brandenburger Kriminalfälle gerade zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Das Landgericht in Frankfurt (Oder) sah in seinem Urteil keinen Zweifel daran, dass sich der aus Griechenland stammende Schuhdesigner Kleomenis St. als Flugschüler bei einem Absturz selbst ums Leben bringen wollte und dabei billigend den Tod des Fluglehrers in Kauf genommen habe.

Flugschüler griff Lehrer in 1500 Metern brutal an

Deshalb sei er wegen versuchten Mordes, schwerer Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr bestraft worden. Nach der Darstellung des 72-jährigen Fluglehrers Winfried G. und den Ermittlungen von Gutachtern müssen sich am 21. Juni vergangenen Jahres dramatische Szenen in rund 1500 Meter Höhe abgespielt haben. Gestartet waren sie vom Flugplatz Strausberg am östlichen Berliner Stadtrand. „Mein Flugschüler gab vor, aus der mitgebrachten Tasche eine Trinkflasche zu holen“, erzählte der einstige Offizier der NVA-Luftstreitkräfte. „Stattdessen schlug er aber mit einem großen Mineralstein dreimal gegen mein Gesicht und drückte mit den Daumen in meine Augenhöhlen.“ Der Mann habe versucht, den Steuerknüppel nach vorn zu drücken, um einen Sturzflug auszulösen. Dennoch sei ihm auf einer Wiese im Oderbruch eine Notlandung gelungen. Die „Cessna“ überschlug sich. Beide Insassen seien mit Verletzungen heraus geklettert, der Angeklagte sei noch mit dem Messer auf ihn losgegangen.

Als Anwohner aus der Nähe herbeieilten, flüchtete der Flugschüler. Die Polizei entdeckte ihn zwar auf einem Oderhang, hielt ihn aber zunächst für tot. In einem passenden Moment rannte er zum Flugzeug zurück, um den an Bord geschmuggelten Stein an sich zu nehmen. Als er diesen im Cockpit nicht fand, versteckte er sich erneut in den Oderwiesen. Eine Hundestaffel fand den Mann schließlich und nahm ihn fest. Der große Mineralstein mit Blutspuren war für das Gericht ein entscheidender Beweis.

Unklar blieb das Motiv für das Vorgehen

Ein Zeuge aus Berlin, bei dem der Grieche vor dem entscheidenden Flug mehrere Tage übernachtet hatte, erkannte ihn als sein Eigentum wieder. Keinen Glauben schenkte das Gericht der Schilderung des Angeklagten, wonach der Fluglehrer ihn sexuell belästigt und er die Maschine zum Absturz habe bringen wollen. Er habe sich die angeblichen Stichverletzungen durch den Lehrer selbst beigebracht, dies hatten auch die gerichtsärztlichen Gutachter festgestellt. „40 parallele Schnitte am Unterarm entstehen nicht in einem Handgemenge“, sagte Richter Fuchs. Fluglehrer Winfried G. wies sämtliche homosexuelle Angriffe zurück. Er sei nicht schwul und habe noch nie einen Flugschüler körperlich bedrängt.

Unklar blieb das Motiv für das Vorgehen. Kleomenis St. ist zwar seit Jahren HIV-positiv, aber dank der täglich eingenommenen Medikamente war er nicht lebensbedrohlich erkrankt. Er hatte eine Unfallversicherung in Höhe von 20000 Euro abgeschlossen, die an seine Mutter ausgezahlt worden wären.

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