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Nur für Jungen: In diesem Gebäude soll das neue Gymnasium entstehen.

© dpa

Potsdam: Richter entscheiden im Streit um Opus-Dei-Schule

Eltern, die dem konservativen katholischen Laienorden Opus Dei nahestehen, wollen in Potsdam eine Jungenschule gründen. Das Land ist dagegen, schon seit sieben Jahren. Nun urteilt das Bundesverwaltungsgericht – womöglich mit grundsätzlichen Folgen.

Seit sieben Jahren dauert der Streit schon an: Zwei Dutzend Eltern, die dem konservativen katholischen Laienorden Opus Dei nahestehen, wollen in Potsdam ein Jungengymnasium gründen. Das Land Brandenburg ist dagegen. Heute in einer Woche will das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über den Fall urteilen. Es geht darum, was schwerer wiegt: das grundgesetzlich verbriefte Recht der Eltern auf Erziehung und auf Gründung von Privatschulen oder das Recht des Staates, das Schulwesen nach seinen Maßstäben zu ordnen. Das Leipziger Urteil könnte grundsätzliche Bedeutung haben, weil damit entschieden wird, ob das Grundgesetz die gemeinsame Beschulung von Jungen und Mädchen verlangt. Das könnte auch für die Neugründung von Schulen von Bedeutung sein.

Das Brandenburger Bildungsministerium verweist auf das Schulgesetz des Landes, das die gemeinsame Erziehung von Mädchen und Jungen vorschreibt. Außerdem verstoße die geplante Schule gegen den Verfassungsgrundsatz der Gleichberechtigung. Das sehen die Eltern anders. Dem Laienorden Opus Dei („Werk Gottes“) werfen Kritiker vor, sich nach außen offen zu geben, nach innen aber autoritäre Strukturen zu pflegen und blinden Gehorsam zu predigen.

In Berlin und Brandenburg hat Opus Dei nach eigenen Angaben rund 60 Mitglieder, in Deutschland etwa 600. Träger des Gymnasiums wäre die „Fördergemeinschaft für Schulen in freier Trägerschaft e.V.“ mit Sitz in Köln. Der Opus Dei nahestehende Verein betreibt seit 40 Jahren im nordrhein-westfälischen Jülich ein staatlich anerkanntes Mädchengymnasium.

Nicht nur in der Schule, auch in der religiösen Praxis wird bei Opus Dei nach Geschlechtern getrennt. Männer und Frauen beten und meditieren in unterschiedlichen Häusern. Das sei ein „Freiraum“, der den Menschen helfe, sich zu konzentrieren, sagt Horst Hennert. Er ist Opus-Dei-Mitglied und Geschäftsführer der Fördergemeinschaft. Den Wunsch nach einer reinen Jungenschule begründet er damit, Jungen würden an öffentlichen Schulen benachteiligt und hätten besonderen Förderbedarf: „Wir liegen im gesellschaftlichen Trend, dass Männer das schwache Geschlecht sind, ist mittlerweile allgemein bekannt.“ Besonders bei Sprachen würden Jungen oft schlechter abschneiden. „Die gesamte Pädagogik wurde in den vergangenen Jahren feminisiert.“

In dem Jungengymnasium soll es deutlich mehr Lehrer als Lehrerinnen geben. Die Schule stehe allen Jungen offen, die Eltern müssten nicht Mitglied bei Opus Dei sein, auch Lehrer nicht. In Jülich würden zehn Prozent der Lehrer dem Laienorden angehören, sagt Hennert. Nur für die Seelsorge und den Religionsunterricht seien Opus-Dei-Priester zuständig.

„Mädchen und Jungen auch mal getrennt zu unterrichten, kann pädagogisch sinnvoll sein“, sagt Stephan Breiding, der Sprecher des Potsdamer Bildungsministeriums. „Doch eine rein monoedukative Schule ist nicht mehr zeitgemäß.“ „Wir wollen uns nicht mit den Kindern in den Wald zurückziehen“, entgegnet Hennert. Nach dem Unterricht gebe es genug Zeit, damit sich Jungen und Mädchen treffen können. Anders als das Ministerium behaupte, sei die Koedukation, also das gemeinsame Lernen, auch nicht das staatliche Erziehungsziel. Erziehungsziel sei die Gleichberechtigung von Männern und Frauen – und die könne man auch anders erreichen. Das Bildungsministerium argumentiert auch damit, dass laut Schulgesetz private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen gelten. Da es aber keine staatlichen Jungen- oder Mädchenschulen im Land gibt, könne das geplante Gymnasium kein Ersatz sein. Die Eltern betonen, die Jungenschule erweitere die Wahlmöglichkeiten von Eltern.

In Potsdam gibt es seit 2008 ein katholisches Schulzentrum mit Grundschule und Gymnasium, die Marienschule in Trägerschaft des Berliner Erzbistums. „Die Nachfrage nach katholischen Schulen ist groß“, sagt Horst Hennert. Die Marienschule habe eine Warteliste. Hennert rechnet nicht nur mit Schülern aus Potsdam und Brandenburg, sondern auch mit Kindern aus dem Süden Berlins. In Deutschland gibt es rund 100 Jungen- und Mädchenschulen.

Das Verwaltungsgericht Potsdam und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatten den Eltern 2009 und 2011 in erster und zweiter Instanz recht gegeben. Sollten sie jetzt in Leipzig scheitern, bleibt ihnen nur noch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht.

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