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Bundesministerium für Gesundheit in Berlin.

© Kay Nietfeld/dpa

Prozess um Spionage im Gesundheitsministerium: Lobbyismus mit geklauten Daten

Die mutmaßlichen Daten-Spione sollen es auf bestimmte E-Mails im Bundesgesundheitsministerium abgesehen haben. Als „Munition für Lobbyisten“.

Ein Lobbyist und ein damaliger Systemadministrator im Ministerium müssen sich seit Donnerstag vor dem Landgericht verantworten. Thomas B., ein damaliger Interessenvertreter der Apothekerschaft, soll dem IT-Fachmann Christoph H. insgesamt 26.550 Euro für vertrauliche Daten bezahlt haben. Damit sei „Munition für Lobbyisten“ erworben worden, so der Staatsanwalt.

Von 40 Taten in der Zeit von 2009 bis 2012 gehen die Ermittler aus. Der 44-jährige H., damals ein externer Mitarbeiter des Ministeriums, soll seine Stellung ausgenutzt und elektronische Postfächer ausgespäht haben, die ihm der 48-jährige Lobbyist benannt habe. Es sei B., früher Kommunikationschef der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) um einen Wissensvorsprung in Bezug auf aktuelle Gesetz- und Verordnungsentwürfe des Ministerium gegangen.

Man hatte sich längere Zeit immer wieder gewundert, das Papiere im Netz standen, obwohl es noch gar keine Entscheidungen gab. B. habe solche Daten in einem Online-Branchendienst veröffentlicht, dessen Herausgeber er bis heute ist, hieß es nun. Kenntnisse über Pläne eines Ministeriums sind für Lobbyisten Gold wert. Es ermöglicht schließlich, frühzeitig in die Debatte einzusteigen – an „richtigen“ Stellen. Im vorliegenden Fall sei kein Schaden festgestellt worden, so der Ankläger.

Es gibt nur selten Verfahren gegen kriminellen Lobbyismus

Nach einem anonymen Hinweis – eine Frau soll sich telefonisch gemeldet und „relativ konkret“ Vorwürfe erhoben haben – kam das Verfahren 2012 ins Rollen. Kontobewegungen beider Angeklagter erhärteten den Verdacht. Wenn der eine zumeist dreistellige Summen abgehoben hatte, habe der andere ähnliche Beträge eingezahlt.

Ein Verfahren um einen Lobbyismus, der möglicherweise kriminell verlief, ist eine Seltenheit. Ende 2013 war die Anklage erhoben. Warum der späte Prozess? Weil die Berliner Gerichte überlastet sind und Verfahren gegen Inhaftierte Vorrang haben, hieß es.

Die Angeklagten sollen im Ermittlungsverfahren geschwiegen haben. Weil ein Verteidiger zu Prozessbeginn die Gerichtsbesetzung rügte, kam es noch nicht zur Verlesung der Anklage. Die Verhandlung wegen Ausspähens von Daten und Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz geht am 12. Januar weiter.

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