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Finnisch

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Sprachkurs: Finnisch: "Wie eine Geheimsprache"

"Hei!" Die Begrüßung ist im Finnischen noch einfach, aber dann wird's kompliziert. Trotzdem oder gerade deshalb wagen sich manche in Berlin an einen Finnisch-Intensivkurs.

"Viittomakielen kääntäjä": So kann sich Janna im Sommer nennen, wenn sie ein Praktikum in Finnland macht, übersetzt heißt das Dolmetscherin für Gebärdensprache. "Klingt das nicht lustig?" Janna ist noch ganz euphorisch: "So schwer, wie alle sagen, ist Finnisch gar nicht." Ihre Lehrerin Anu Koski will ihr und den anderen Teilnehmern des Anfängerkurses an der Technischen Universität in Berlin trotzdem keine Hoffnung machen: "Mit den vielen Doppelvokalen und Umlauten sieht die finnische Sprache kompliziert aus und ist es auch." Immerhin sei für Deutsche die Aussprache aber einfach: "Man spricht's so, wie man’s schreibt."

"Wie eine Geheimsprache, die ich entschlüsseln muss"

In den drei Jahren, die Anu Koski ihre Muttersprache in Berlin schon unterrichtet, beobachtet sie ein verstärktes Interesse an Finnland und der finnischen Sprache. Ob ein längerer Aufenthalt dort ansteht oder sich berufliche oder persönliche Beziehungen zu Finnen ergeben haben, die Gründe sind vielfältig. Auch das gute Abschneiden Finnlands in der Pisa-Studie habe viele neugierig gemacht, vermutet Anu Koski – auf das Land im hohen Norden Europas und seine gerade mal rund fünf Millionen Muttersprachler. Ihre Kurse an der Technischen Universität sind gut besucht, zu Beginn des Semesters zumindest, sagt sie: "In den Einsteigerkursen fange ich meistens mit zwölf Schülern an, von denen gut die Hälfte bis zum Ende durchhält und dann auch weitermacht."

Daniel, Iris und Katharina gehören zu den Hartgesottenen im Intensivkurs für Fortgeschrittene. 30 Stunden Finnisch haben sie schon hinter sich. Das will aber nichts heißen: "Unterhalten kann ich mich noch nicht", sagt Iris, "Finnisch ist für mich noch immer wie eine Geheimsprache, die ich Schritt für Schritt entschlüsseln muss." Genau darin liegt für sie aber der Reiz: "Es wäre natürlich einfacher gewesen, Italienisch zu lernen, aber gerade weil Finnisch so anders ist als all die anderen europäischen Sprachen, möchte ich es lernen."

Eine lustige Sprache: fyysikko, mopsi und kahvipaussi

In der Tat klingt nichts wie Finnisch – noch nicht mal das Ungarische, mit dem es oft verglichen wird. Zwar gehören beide Sprachen wie auch das Estnische zur finnisch-ugrischen Sprachfamilie – das ist aber alles, was sie gemein haben. Nur Finnisch und Estnisch ähneln sich etwas, doch auch hier gibt es Fallstricke: So bedeutet "pulma" auf Finnisch Krise, im Estnischen dagegen Hochzeit. Manche Wörter wie "fyysikko" (Physiker), "parkkipaikka" (Parkplatz) oder "kahvipaussi" (Kaffeepause)  haben die Finnen auch aus der indogermanischen Sprachfamilie übernommen. An andere Lehnwörter hängen sie dann einfach ein i, zum Beispiel an "kioski", "stressi" oder "mopsi".

Ellenlange Wörter, Doppelkonsonanten und ungefähr 14 Fälle: So fremd und unberechenbar ist das Finnische, dass sich im Grunde nichts herleiten lässt. Beim Vokabellernen gehen den Schülern mittlerweile die Eselsbrücken aus. Beispiel Dom, der wird in Finnland "tuomiokirkko" genannt – und bringt Iris zur Verzweiflung: "Wie soll ich mir das bitteschön merken?" Auch die Namen haben es in sich. Warum ist "Eino" ein männlicher Vorname und "Aino" weiblich? Eine Erklärung gibt es dafür nicht.

Die Finnisch-Schüler nehmen es mit Humor. Allein der Klang der Sprache sei witzig, noch dazu sehr melodisch. Vokalharmonie nennen das die Finnen. Dass ä, y, ö nicht mit a, u, o in einem Wort stehen dürfen, ist eine der ersten Regeln, die Nicht-Muttersprachler lernen. "Die vielen Regeln lassen sich zwar auswendig lernen, ergeben aber nur selten Sinn." Iris findet die finnische Grammatik einfach nur "absurd".

Abgeschreckt hat es sie trotzdem nicht. Auch Finnisch-Einsteigerin Janna will dabei bleiben. Die Finnen sollen sehr geduldig mit Nicht-Muttersprachlern sein, hat sie gehört. "Und zur Not können sie ja alle perfekt Englisch, oder?!"

Ulrike Pape

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