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Auch der Times Square in New York lockte die Kreuzberger Schüler.

© AFP

Teure Klassenreise auf Steuerzahlerkosten: Schulaufsicht in Berlin überprüft New-York-Trip

Teure Reise: 38.000 Euro für eine Klassenfahrt nach New York. Das war offenbar nicht die erste Tour der Kreuzberger Schule. Und was sagt die Politik?

Eine Klassenreise von Kreuzberger Schülern nach New York hat eine Debatte über den Umgang mit staatlichen Sozialleistungen ausgelöst. „Ich erwarte, dass Lehrkräfte und Schulen verantwortungsvoll die Ziele ihrer Klassenfahrten aussuchen und die Kosten in den Blick nehmen“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag. Die Fahrkosten im konkreten Fall seien „entschieden zu hoch“. Es war aber nicht die erste USA-Reise der Schule.

Über 38.000 Euro wurden bewilligt

Wie berichtet, wurden für die Fahrt des Robert-Koch-Gymnasiums pro Schüler mehr als 2500 Euro beim Jobcenter beantragt, von denen jetzt rund 400 Euro zurückgezahlt werden, weil die Reise preiswerter ausfiel als gedacht. Zuvor hatten die Jobcenter verschiedener Bezirke insgesamt mehr als 38.000 Euro für 15 Schüler ausgegeben. Alle Schüler hatten laut Schulleiter Rainer Völkel Anspruch auf volle Erstattung aus dem Bildungs- und Teilhabegesetz (BuT), weil ihre Eltern von Transferleistungen leben.

Ausgaben sollen sich an Finanzen der Eltern orientieren

Völkel steht jetzt doppelt in der Kritik: Zum einen wird ihm vorgeworfen, das Augenmaß verloren zu haben. Zum anderen prüft die Schulaufsicht, ob er gegen die Vorschriften für Klassenreisen verstoßen hat. Dort steht, dass sich die Kosten an der finanziellen Ausgangslage der Erziehungsberechtigten „orientieren müssen“.

Klassenfahrten sollten sich abspielen im Rahmen des finanziell Möglichen. So ein Trip nach NYC, so reizvoll, abenteuerlich und u.U. lehrreich er auch sein mag, übersteigt dies.

schreibt NutzerIn ueberblicker

2011 fand die andere New-York-Reise statt

Der Schulleiter hatte gegenüber dem Tagesspiegel von einem „singulären Ereignis“ gesprochen. Allerdings ist auf der Homepage der Schule zu sehen, dass es bereits 2011 eine New-York-Reise gab. Dieser Widerspruch war am Dienstagabend nicht mehr zu klären. Möglicherweise besteht der Unterschied darin, dass die Reise damals anderweitig finanziert wurde und eben nicht über das BuT. Denn das BuT wurde erst ab 2011 allmählich eingeführt. Vorher gab es zwar auch Zuschüsse, aber die waren meist gedeckelt, sodass die Fördervereine öfters einspringen mussten.

Bund der Steuerzahler meldet sich zu Wort

Auch vom Bund der Steuerzahler kam Kritik. „Es ist absolut begrüßenswert, Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Mit einer Reise nach New York ist der Bogen aber eindeutig überspannt“, sagte der Vorsitzende Alexander Kraus. Der Fall war durch einen Bericht im Tagesspiegel bekannt geworden und löste am Dienstag ein bundesweites und sogar internationales Medienecho aus. Insbesondere ging es um die Frage, ob es Obergrenzen für die Kosten von Klassenfahrten geben müsse, um Ausreißer zu vermeiden. Landeselternsprecher Norman Heise plädiert für Obergrenzen, die jedoch einen Spielraum lassen müssten. In jedem Fall sollten die Schulen sensibilisiert werden.

Diese einzelne Klassenreise nun herauszunehmen, als schlechtes Beispiel für Vergeudung von Steuergeldern, halte ich doch für sehr fraglich. Die Früchte der Schüler nach diesem Erlebnis[...], dürften üppiger ausfallen als jede andere zurückliegende Geldverschleuderung des Berliner Senats.

schreibt NutzerIn inspectorbarneby

Jobcenter haben keine Handhabe

Tatsächlich ist die Bereitschaft zur Selbstbeschränkung das einzige Regulativ bei den Ausgaben, sofern in einer Klasse nur BuT-Berechtigte sind. Den Jobcentern sind die Hände gebunden, wenn es um Anträge für Klassenfahrten geht. Das Bundessozialgericht hatte schon 2008 unmissverständlich entschieden, dass die Kosten von Klassenfahrten durch die Sozialämter oder Jobcenter „in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen“ zu übernehmen sind.

Begrenzung der Kosten ist Ländersache

Eine Einschränkung „durch das Kriterium der Angemessenheit“ sei nicht vorgesehen, erläuterte die Sozialverwaltung klar. Andernfalls müssten ja bedürftige Kinder bei teuren Klassenfahrten zurückbleiben. Anders gesagt: Wenn man die BuT-Ausgaben senken will, kann dies nur über eine generelle Begrenzung der Kosten bei Klassenfahrten geschehen, was wiederum Ländersache ist. Dies aber hat die Bildungsverwaltung nicht vor. Sie blieb am Dienstag dabei, die Schulen an ihre Verantwortung zu erinnern. Die Ausgaben für das Bildungs- und Teilhabepakets zahlt im Übrigen nicht das Land, sondern der Bund. Er will Familien mit sehr geringen oder ohne Einkommen ermöglichen, ihre Kinder besser zu fördern.

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