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An elf Neuköllner Schulen standen bisher Wachschützer, wie hier die Sicherheitsleute vor dem Albert-Schweitzer-Gymnasium.

© Mike Wolff

Verdachtsfälle an Berliner Grundschule: Sonnengrundschule in Neukölln: Missbrauch war nur ausgedacht

Drei Mädchen hatten erzählt, dass sie von fremden Männern in der Schule sexuell belästigt wurden. Jetzt gaben sie zu, dass das nicht stimmt. Die Wachschützer bleiben dennoch vorerst an der Schule.

Die drei Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch an der Sonnengrundschule in Neukölln haben sich als falsch herausgestellt. Drei Mädchen haben mittlerweile zugegeben, dass sie sich die Geschichten nur ausgedacht haben, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf am Donnerstag dem Tagesspiegel: „Das hat sich an der Schule offenbar zum Selbstläufer entwickelt.“

Ein neunjähriges Mädchen hatte zunächst erzählt, dass sie am 3. Juni von einem fremden Mann auf die Jungentoilette gedrängt worden war, eine Zwölfjährige hatte behauptet, am 5. Juni von einem Unbekannten am Arm gepackt und ebenfalls auf eine Toilette gezwungen worden zu sein, und ein zehnjähriges Mädchen hatte berichtet, dass sie am 6. Juni von einem Mann mit Maske belästigt worden sei. An der Geschichte der Zehnjährigen habe es von Anfang an Zweifel gegeben, weil sich das Toilettenfenster, über das der Täter angeblich geflüchtet sei, gar nicht öffnen lässt.

Geschulte Polizeibeamte der Abteilung für sexuellen Missbrauch haben in den vergangenen Tagen mit dem Mädchen gesprochen – „in kindgerechter Sprache“, sagte Neuendorf, und in separaten Räumlichkeiten, die „nicht in der typischen Büroatmosphäre eingerichtet sind“. Bei den Gesprächen hätten die drei Kinder zugegeben, dass sie sich alles nur ausgedacht haben.

Nach wie vor ermittelt die Polizei dagegen bei einem Vorfall, der bereits am 9. Mai stattgefunden hat. Ein Mann hatte sich vor einer Schülerin der Sonnengrundschule entblößt, allerdings geschah dies nicht in der Nähe der Schule am Dammweg, sondern deutlich weiter weg. Wo genau, wollte Neuendorf nicht sagen, „aber weiter entfernt als einen Kilometer“. Ein Verdächtiger ist der Polizei bekannt, er fiel offenbar schon öfter mit ähnlichen Taten auf. Gegen diesen Mann wird wegen des Verdachts auf exhibitionistische Handlungen und sexuellen Missbrauch ermittelt. Der Zusammenhang mit den angeblichen Vorfällen an der Schule entstand dadurch, dass das Opfer des Exhibitionisten die Schwester des Mädchens ist, die als erste vom Unbekannten auf der Schultoilette erzählte.

Die drei Mädchen, die offenbar befreundet sind, sollen jetzt weiter von Schulpsychologen betreut werden, sagte die Neuköllner Schulstadträtin Franziska Giffey (SPD). Auch mit den Eltern soll es Gespräche geben. Giffey wollte den Kindern keinen Vorwurf machen: „Ich glaube, ihnen ist gar nicht klar, was sie da ausgelöst haben“. Nach dem Bekanntwerden der Verdachtsfälle habe sich an der Schule eine unkontrollierbare Dynamik entwickelt. „Da sind die Emotionen hochgekocht“, sagte Giffey. Viele Eltern waren aufgebracht, einige erhoben Vorwürfe, dass nicht genug für die Sicherheit der Kinder getan werde. Zudem sei die Schule von Journalisten belagert worden. Die Eltern hatten eine Videoüberwachung gefordert und wollten selbst einen Wachschutz organisieren. Seit Montag dieser Woche hat das Bezirksamt Sicherheitsleute am Schuleingang postiert.

Mittlerweile scheint an der Schule wieder Ruhe eingekehrt zu sein. „Der Wachschutz hat sehr viel Positives bewirkt“, sagte Schulleiterin Karoline Pocko-Moukoury. Eltern und Kinder würden sich wieder sicher fühlen. Dazu, dass die Vorfälle nur ausgedacht waren, wollte sich die Schulleiterin nicht äußern. „Wir warten den Polizeibericht ab“, sagte sie. Bis zum 19. Juli, wenn der Schulhort für einige Wochen geschlossen wird, werde der Wachschutz an der Schule bleiben, sicherte Schulstadträtin Giffey zu. Wie es nach den Ferien weitergehe, werde vom Bedarf der Schule und vom Ergebnis einer Sicherheitsbegehung am 24. Juni abhängen.

Polizeisprecher Neuendorf zufolge passiere es häufiger, dass sich Missbrauchsverdachtsfälle an Schulen als falsch erweisen. „Die Schulen selbst sind ein relativ sicherer Ort für die Kinder“. Dennoch müsse man jeden Fall ernst nehmen. Neuendorf erinnerte an den Fall im März letzten Jahres, als ein Mädchen auf einer Grundschultoilette im Wedding vergewaltigt wurde. Mehr Sorgen bereite der Polizei dennoch der Schulweg. Dort sei es für Täter viel einfacher, Kinder „mit dem Versprechen, ihnen kleine Kätzchen zu zeigen, anzulocken“. Eltern und Lehrer sollten den Kindern beibringen, nicht mit Fremden mitzugehen und sich sofort an Mitschüler zu wenden oder laut um Hilfe zu rufen, wenn sie doch einmal von unbekannten Personen angesprochen werden.

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