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Weddinger Todesschütze: Prozessauftakt gegen Doppelmörder

Mehmet Y. steht nach Schüssen auf die Familie seiner Ex-Frau wegen Doppelmordes vor Gericht. Beim Prozessauftakt beschwerte sich der 25-Jährige über seinen Anwalt. Aber sein Verteidiger hat eine Aussage angekündigt.

Mehmet Y. zeterte. Immer wieder fiel der Mann mit Bart und Fistelstimme dem Richter ins Wort. „Ich gehe in meine Zelle!“, rief er. Der 25-Jährige, der als „Weddinger Todesschütze“ seit acht Monaten inhaftiert ist, verlangte einen anderen Anwalt und beschwerte sich über angebliches Unrecht. Mit verschränkten Armen und sichtlich verärgert stand er hinter Panzerglas, als am Montag der Prozess um die Schüsse auf die Familie seiner Ex-Frau seinen Lauf nahm. Es geht um zwei Morde und drei Mordversuche.

Die 24-jährige Ex-Frau ist eine von vier Nebenklägern. Der Platz von Feride C. aber blieb leer. Sie habe bis heute Angst, sagte ihr Anwalt. Denn Y. hatte es in der Ehe angedroht: „Wenn du mich verlässt, schieße ich dir in den Kopf.“ Nun saßen ihr Vater Halil C., 51, und ihr Bruder Ferit, 27, mit im Saal. „Wir hoffen auf eine gerechte Strafe“, sagte Halil C., dessen Frau im Kugelhagel starb. „Wir sitzen einem Monster gegenüber.“

Mehmet Y. lauerte der Familie auf, die im Auto zur Ausländerbehörde fahren wollte. So steht es in der Anklage. „Aus Rache, Hass, Eifersucht und Verärgerung wegen des Verlustes seines Aufenthaltsstatus“ habe er mit einer Pistole „Ceska Modell 75“ in den blauen Mitsubishi geschossen. Es saßen seine geschiedene Frau Feride C., deren Mutter und 22-jährige Schwester Leyla, Bruder Ferit sowie ein angehender Schwager im Wagen. Ferit C. wollte gerade ausparken, als Mehmet Y. den Ermittlungen zufolge hinter einer Ecke hervortrat und wortlos abdrückte.

Es war 10.15 Uhr, als am 4. August 2011 in der Kolberger Straße zwölf Schüsse fielen. Drei Monate waren seit der Scheidung vergangen, die Feride C. eingereicht hatte. Der Angeklagte habe seine Ex-Frau und deren Familie für die Trennung verantwortlich gemacht. „Er wollte sämtliche Mitglieder der Familie töten“, hieß es in der Anklage. Erst Schüsse in Richtung des Fahrers, dann auf die Frauen auf der Rückbank. Feride C. blieb unverletzt, weil sich ihre Mutter schützend auf sie geworfen hatte. Die 45-Jährige starb am Tatort, Ferides Schwester in einer Klinik. Der Bruder überlebte schwer verletzt.

„Ich will das nicht hören“, fuhr der Angeklagte dazwischen. Er wagte keinen Blick zum Ex-Schwiegervater, der ihn nicht aus den Augen ließ. Halil C. kennt Mehmet Y., der 2002 aus der Türkei kam, seit etwa acht Jahren. Von Anfang an gab es Ärger. Y. war für ein paar Tage mit der damals 18-jährigen Tochter verschwunden. Um die Ehre der Tochter zu retten, stimmte die Familie der Hochzeit zu. Bald litt Feride C. unter der rasenden Eifersucht ihres Mannes, der sich trotzdem eine 18-Jährige aus der Nachbarschaft als Zweitfrau nehmen wollte. Nachdem er an einem Kiosk einen Mann attackiert hatte, erhielt Y. eine Bewährungsstrafe. Nach der Trennung drohte dem Aushilfskellner die Abschiebung.

Halil C. war mit seiner Tochter zur Polizei gegangen. Sie hatten Anzeige wegen ständiger Bedrohungen erstattet, sie beschrieben Y. als gefährlich. Das war bereits Mitte 2010. „Er durfte sich nicht mehr nähern“, sagte der Vater am Rande des Prozesses. „Furchtbar, dass es wegen einer Trennung zu einem solchen Drama kommt.“ Auf Behörden sei er „nicht sauer“, aber es habe Versäumnisse gegeben. „Sonst wäre es nicht passiert.“

Der mutmaßliche Doppelmörder wurde vier Tage nach der Attacke gefasst. Er habe nur auf das Lenkrad schießen wollen, mehr wisse er nicht, soll er damals zu Protokoll gegeben haben. Nun hat der Verteidiger eine Aussage angekündigt. Y. aber ist ein schwieriger Mandant.

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