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Gewalttätige Kinder werden laut Weißem Ring immer brutaler.

© dpa

Zwölfjährige schlägt Frau und Polizisten ins Krankenhaus: „Bis ein Kind aus einer Familie geholt wird, muss schon viel passieren“

Sie ist gerade einmal zwölf Jahre alt. Dennoch hat sie am S-Bahnhof Schöneberg eine Frau geschlagen und einen Polizisten in den Unterleib getreten. Beide mussten ins Krankenhaus. Nun wird die Frage laut: Was tut das Jugendamt bei prügelnden Kindern?

Vielleicht ist der Ton eindringlich, vielleicht sogar einfühlsam, vielleicht aber auch drohend. Klar ist auf jeden Fall, dass ein Mitarbeiter des Jugendamts ein Gespräch führen wird. Und zwar mit den Eltern des zwölfjährigen Mädchens, das am S-Bahnhof Schöneberg eine Frau geschlagen und einen Polizisten in den Unterleib getreten hatte. Das Kind ist strafunmündig und bleibt damit straffrei, doch abgehakt ist der Fall damit für die Behörden nicht.

Das zuständige Jugendamt klärt erstmal vor Ort die Familiensituation. „Die zentrale Frage lautet: Gibt es hier einen Kinderschutz-Fall?“, sagt Ilja Koschembar, Sprecher des Senats für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Anders gesagt: Sind die Eltern mit der Erziehung überfordert? Herrscht Gewalt in der Familie? „Es hängt immer vom Einzelfall ab“, sagt Koschembar. „Aber diese Punkte können ein Kriterium dafür sein, dass die Eltern Hilfe benötigen.“

Hilfe durch die „Super-Nanny“

Sollte das Jugendamt zu dieser Einschätzung kommen, dann kann es den Eltern verschiedene Formen der Hilfe anbieten. Ein Anti-Aggressions-Training zum Beispiel. Wobei die drängende Frage ist, wer dieses Training braucht: Die prügelnden Eltern? Das prügelnde Kind? Oder beide Parteien? Hilfe kann aber „auch eine Super-Nanny sein“, sagt Koschembar. Hauptsache, die Eltern nehmen die Hilfe freiwillig an, das ist dem Jugendamt am liebsten. Die unfreiwillige Variante für die Eltern ist der Beschluss eines Familiengerichts. Verbessert dies die Situation immer noch nicht, wird die Tonlage rauer und die Konsequenz schärfer. „Man kann den Eltern auch ein Kind auf bestimmte Zeit entziehen“, sagt Koschembar. „Das ist aber die ultima ratio.“ Und die schärfste Waffe ist gar nicht so einfach einzusetzen. „Bis ein Kind aus einer Familie geholt wird, muss schon viel passieren“, sagt Richter Ulrich Wimmer, Sprecher der Berliner Zivilgerichte.

Auch die Schule eines auffällig gewordenen Kindes wird nicht automatisch über kriminelle Vorfälle informiert. „Sie wird eher befragt, damit sich das Jugendamt ein umfassendes Bild von dem Kind machen kann“, sagt Koschembar.

Und was ist mit dem Schadensersatz? Die Frau und der Polizist könnten ja Schmerzensgeld verlangen. Aber wer muss dafür bezahlen? Die Eltern? Nur wenn sie die Aufsichtspflicht verletzt haben. Die aber hat bei einer Zwölfjährigen ziemlich enge Grenzen. Kann den Eltern kein Fehler nachgewiesen werden, dann hat laut Wimmer, „der Betroffene einfach Pech gehabt.“

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