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Brandenburg: Die ewige Affäre

ANGEMARKT Frank Jansen über VMann-Einsätze und andere Merkwürdigkeiten Die Affäre nimmt kein Ende: Der Landtag muss sich in dieser Woche wieder mit dem Verrat einer Polizeirazzia durch einen rechtsextremen V-Mann des Verfassungsschutzes befassen. Immer noch sind wesentliche Fragen des seit Februar 2001 schwelenden Falls nicht geklärt.

ANGEMARKT

Frank Jansen über VMann-Einsätze und andere Merkwürdigkeiten

Die Affäre nimmt kein Ende: Der Landtag muss sich in dieser Woche wieder mit dem Verrat einer Polizeirazzia durch einen rechtsextremen V-Mann des Verfassungsschutzes befassen. Immer noch sind wesentliche Fragen des seit Februar 2001 schwelenden Falls nicht geklärt. Dabei könnte er schnell erledigt sein: Wenn das Innenministerium seine Hinhaltetaktik aufgäbe. Und endlich klarmacht, warum Brandenburgs Verfassungsschutz fahrlässig (oder mutwillig?) zuließ, dass der V-Mann Christian K. die geplante Razzia an einen Neonazi-Anführer verraten konnte – und damit womöglich die Ermittlungen von Generalbundesanwalt Kay Nehm gegen die Terrorgruppe „Nationale Bewegung“ behindert hat.

Denn dieser Fall verläuft seltsam parallel zur V-Mann-Affäre: Im Januar 2001 übernahm Nehm die Ermittlungen, nur Tage später verriet Spitzel Christian K. die Razzia, von der sich die Potsdamer Polizei einige Hinweise auf die „Nationale Bewegung“ erhofft hatte. Und: Der Generalbundesanwalt kann bis heute keinen einzigen Fahndungserfolg vorweisen. Die Terrorgruppe hat auch überraschenderweise seit Ende Januar 2001 keine einzige Straftat mehr begangen und stellt sich tot. Da erscheint ein schlimmer Verdacht nicht ganz abwegig: Dass der Verfassungsschutz den Spitzel Christian K. zum Verrat der Polizeirazzia animierte, weil in der Terrorgruppe auch ein V-Mann mitgemischt hat – und vor der Polizei geschützt werden musste. Und dass Christian K. trotz des Geheimnisverrats, den das Landeskriminalamt bei einer Telefonüberwachung live mitbekam, lange straffrei blieb und noch mindestens 15 Monate als V-Mann geführt und bezahlt wurde – weil er im Interesse des Verfassungsschutzes gehandelt hatte?

Anstatt nun diese Woche wieder zu versuchen, die Verantwortung des Verfassungsschutzes für den Verrat der Razzia und womöglich weitere Debakel zu vernebeln, sollte Schönbohm endlich die Pannen in seinem Hause klar benennen. Zu einer umfassenden Aufklärung gehört allerdings auch, dass die Landtagsabgeordneten von SPD, CDU und PDS ihre Kontrollpflichten penibel wahrnehmen. In den vergangenen Monaten sind Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission, die das Treiben des Verfassungsschutzes unter die Lupe nehmen soll, merkwürdig schnell eingeknickt. Da wurde im Mai die V-Mann-Affäre, ganz im Sinne Schönbohms, fix beerdigt, obwohl die Staatsanwaltschaft Potsdam ihre Ermittlungen noch gar nicht beendet hatte. Um so peinlicher war dann das Erwachen: Im August verkündete die Staatsanwaltschaft, der ehemalige V-Mann Christian K. sei des Geheimnisverrats schuldig. Außerdem habe der V-Mann-Führer in sechs dienstlichen Erklärungen glatt gelogen. Urplötzlich waren einige Abgeordnete sehr betroffen.

Es ist zu hoffen, dass sich dieses unwürdige Schauspiel nicht wiederholt. Und dass die parlamentarischen Kontrolleure nun so lange im Innenministerium nachfragen und Akteneinsicht nehmen, bis die offenen Fragen zur Affäre glaubwürdig beantwortet sind. Selbst auf die Gefahr hin, dass die Regierungskoalition aus SPD und CDU neuen Ärger aushalten muss und personelle Konsequenzen nötig werden. Doch diesen Preis muss die längst überfällige Aufklärung einer 32 Monate währenden Affäre wert sein. Oder wollen sich die Brandenburger Demokraten diese Affäre noch länger antun?

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