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© Illustration: Greve/Biblyothek

Berlin-Comic: Zwischen Himmel und Erde

Die Erzählung „Ein Mann geht an die Decke“ ist ein Fest für Architekturfans und eine Ode an die Möglichkeiten des Comic.

Superman hätte ohne die Wolkenkratzer von Metropolis einen wenig glamourösen Auftritt, Batman wäre ohne die düstere Architektur Gotham Citys seiner wichtigsten Kulisse beraubt. Und auch manch ein Klassiker der anspruchsvolleren Bilderzählung wäre ohne eine gehörige Prise Baukunst visuell arg beschränkt: Die fantastischen Comics François Schuitens leben von ihrem Spiel mit der Architektur, die surrealistischen Szenarien Marc-Antoine Mathieus ebenfalls, und auch manche Geschichte aus der Feder von Moebius ist dem Leser auch und gerade wegen ihrer futuristischen Stadtkulissen in Erinnerung.

Architektur und Comics gehören seit den Anfängen des Mediums zusammen (mehr dazu auch hier). In den besten Fällen setzen Comiczeichner die von ihnen als Kulissen verwendeten Gebäude so ein, dass Handlung, Charaktere und Baukunst eine Einheit ergeben – man denke nur an Spider-Man, der sich elegant von einem Wolkenkratzer zum nächsten schwingt, um seinem Tagewerk nachzugehen. Da ist es konsequent, dass die britische Fachzeitschrift „Architects Journal“ kürzlich eine Top-5-Liste der wichtigsten Comic-Städte erstellte.

Eines der gelungensten deutschen Beispiele für die Verbindung von Comic-Kunst und Architektur kommt dieser Tage in den Buchhandel: Die zauberhafte Schwarz-Weiß-Erzählung „Ein Mann geht an die Decke“ von der Zeichnerin (und Ex-Architektin) Katharina Greve.

Die Berliner Künstlerin entfaltet darin mit klarem, sachlichem Strich eine Geschichte, die nicht nur vor hübschen Ideen und einem sensiblen Witz fast überquillt, sondern die die Struktur eines Gebäudes auf eine ebenso elegante wie spielerische Weise zum Teil der Handlung werden lässt. Das Ergebnis ist ein Buch, das für Comicleser ebenso empfehlenswert ist wie für Architekturfans.

Die Geschichte, aus der wir auf den Tagesspiegel-Comicseiten exklusiv ein paar Auszüge vorab wiedergeben, spielt im Berliner Fernsehturm. Katharina Greve lässt die Hauptfigur, den Fahrstuhlführer Franz Fink, in dem Gebäude ein Abenteuer erleben, das seinesgleichen sucht – erzählerisch wie grafisch. Denn Fink stolpert eines Tages in eine mysteriöse Parallelwelt hinein, in der die Schwerkraft aufgehoben ist und auch sonst alles ein bisschen anders verläuft als erwartet. Mehr soll hier noch nicht verraten werden, nur soviel: Es geht um ein Knäuel an Verwicklungen und Verwirrungen räumlicher und emotionaler Art, die Seite für Seite an Fahrt gewinnen und in einem klug arrangierten Finale münden. Die 1972 geborene Künstlerin erzählt mit trockenem Witz und großem Einfühlungsvermögen in menschliche Schwächen – und sie verbindet in ihren sachlich beginnenden und dann immer spielerischer werdenden Panels die komplexen visuellen Möglichkeiten des Mediums Comic kongenial mit den architektonischen Gegebenheiten des Handlungsortes.

Das Buch (48 Seiten, 14 Euro) kommt am 1. November offiziell in den Handel, die Website dazu befindet sich hier. Zu Katharina Greves Website geht es hier, die Website des Verlages „Die Biblyothek“ (der bereits einige andere außergewöhnliche Comicpublikationen herausgebracht hat) ist hier.

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