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Neulich in der Apotheke: Strips wie dieser thematisieren Fremdenhass.

© tuffix

Comiczeichnerin Soufeina Hamed: Angestarrt wie ein Alien

Die Berliner Zeichnerin Soufeina Hamed beschreibt ihren Alltag als Muslima in Form kurzer Comicstrips. Dafür gibt es Zuspruch - aber auch manche Anfeindung.

Seit sie einen Stift halten kann, zeichnet Soufeina Hamed. Nachdenkliches, Lustiges, Menschen - den Alltag. Sie probierte verschiedene Malstile aus und blieb bei Comics hängen. „Ich mag es, mit meinen Zeichnungen eine Geschichte erzählen zu können“, sagt die Studentin und rührt in ihrem Schwarztee.

Soufeina Hamed sitzt in einem Cafe in Wedding, dem Berliner Stadtteil, in dem sie auch aufgewachsen ist. Eigentlich studiert sie interkulturelle Psychologie in Osnabrück und muss langsam an ihre Masterarbeit denken. Doch daneben nimmt sie sich immer auch die Zeit zum Zeichnen. Ihre Comics sind inzwischen auch in einer Wanderausstellung über die in Deutschland lebenden Muslime zu sehen.

Sie hatte einen Nerv getroffen

Seit eine Freundin ihr vor vier Jahren von der Künstlerplattform „deviant art“ erzählt hat, ist sie dort registriert und veröffentlicht ihre Werke unter dem Namen „tuffix“. Am Anfang waren es Zeichnungen von einem lesenden Mädchen oder Stars einer Fernsehserie. Eines Tages aber stellte sie eine Zeichnung einer Frau ins Internet, die sich in der U-Bahn angestarrt fühlt, als wäre sie ein Alien. Dabei trägt die dargestellte Frau nur ein Kopftuch - so wie Soufeina Hamed auch. Das Bild wurde lebhaft diskutiert, auch viele Muslime meldeten sich zu Wort.

Soufeina Hamed merkte, dass sie einen Nerv getroffen hat. „Da habe ich mir gedacht, dass ich vielleicht noch viel mehr vom Alltag der Muslime zeigen soll, weil viele Menschen gar nichts darüber wissen.“ Sie fing an, Comics mit religiösen Geschichten und Motiven zu zeichnen, bis sie merkte, dass darauf vor allem Muslime reagieren. „Ich wollte eigentlich, dass auch andere Menschen sehen, dass wir Muslime ganz normal sind, auch wenn unsere Religion eine wichtige Rolle spielt.“ Seither zeichnet Soufeina Hamed auch andere Szenen aus ihrem Alltag, mit viel Humor und Selbstironie. Bunte und schwarzweiße Comics, ein Bild oder eine kleine Geschichte. Das Studium, das Wetter oder Reisen - was immer sie beschäftigt.

„Möge Allah dich segnen, schöne Zeichnung“

Ein Comic zeigt Soufeina, die versucht, ihre Füße vom Boden zu heben, in den sie fest verwurzelt sind. „Ich verlasse Berlin für mein Master-Studium. Komisches Gefühl“, steht darunter. Das löst Reaktionen aus, von Nicht-Muslimen und Muslimen: „Schön!“, „Cool, das ist super“, aber auch „Möge Allah dich segnen, schöne Zeichnung“, lauten die Online-Kommentare.

Zwischen den Stühlen: Ein Selbstporträt der Zeichnerin zwischen einem strenggläubigen Muslim und einem Religionskritiker.
Zwischen den Stühlen: Ein Selbstporträt der Zeichnerin zwischen einem strenggläubigen Muslim und einem Religionskritiker.

© tuffix

Auf ihrer Plattform gibt es aber auch negative Kommentare, die Soufeina Hamed durchaus ernst nimmt. „Wenn ich merke, dass jemand etwas aus Unwissenheit oder Fremdenangst schreibt, dann lasse ich mich schon auf die Diskussion ein“. Bei manch einem hat sich nach ihrem Eindruck nach längerem Austausch tatsächlich etwas bewegt.

„Wenn ich mit diesen Bildern nur eine einzige Meinung über den Islam ändern kann, dann ist das schon ein Riesengewinn“, sagt die ungewöhnliche Cartoonistin. Die Themen sind nicht immer religiös. „Aber dadurch, dass ich ein Kopftuch trage und mich auch damit zeichne, ist die Religion natürlich immer präsent“, sagt Soufeina. Das Kopftuch sei für sie Teil ihrer Religion, gebe ihr Kraft und Schutz. „Dadurch, dass ich meinen Glauben nach außen trage, lebe ich ihn bewusster“, erklärt sie.

Mittlerweile hat Soufeina Hamed eine Fangemeinde auf ihrer Internetseite mit fast 50.000 Klicks und mehr als 5.000 Kommentaren. Auch Freunde und Familie steuern Geschichten bei, die sie in Comics verwandelt. Für eine Agentur illustriert sie regelmäßig Kinderbücher. Zum Hauptberuf will sie das Zeichnen aber nicht machen. „Ich hätte Angst, dass mit dem Stress, damit Geld verdienen zu müssen, der Spaß daran verloren geht“, erklärt sie. Am liebsten würde sie als Psychologin arbeiten und nebenbei zeichnen, denn „ganz aufgeben kann ich das es nicht“. (KNA)

Einen Überblick über die (englischsprachigen) Arbeiten von Soufeina Hamed gibt es hier.

Barbara Mayrhofer

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