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Unheimlich. In „Girl Asleep“ träumt sich Greta (Bethany Whitmore) in den Wald.

© Berlinale

Generation 14Plus bei der Berlinale: Käfer trifft Eiskönigin

Wenn es Nacht wird: Die Reihe Generation 14Plus entführt den Zuschauer in surreale Traumwelten. Die Grenzen zur Realität verwischen.

Es gibt diese seltsam realen Träume, die noch lange nach dem Aufwachen nachwirken. Sie sitzen einem in den Knochen, verändern den Blick auf die Welt, auf die Menschen um einen herum. Trotz des Wissens, dass die nächtlichen Ereignisse nur ein Hirngespinst waren.

Als die 15-jährige Greta auf ihrer Geburtstagsfeier einschläft, taucht auch sie ab in eine Traumwelt, die sich äußerlich zunächst kaum von der Realität unterscheidet. Doch im Haus hinter dem Wald begegnen ihr mystische Kreaturen. Ihre Mutter erscheint als Eiskönigin, der Vater als gruseliger Waldschrat. Und die drei fast identischen Mädchen aus der Schule verwandeln sich in reißerische Bestien, die Greta durch den Wald jagen. Unheimlich und aufregend ist das, was das Mädchen im Dunkeln erlebt – und als sie erwacht, ist alles anders.

Die Surrealität hilft beim Erwachsenwerden

„Girl Asleep“ von Rosemary Myers steht als Eröffnungsfilm der Generation 14plus für eine ganze Reihe an Filmen, die Sektionsleiterin Maryanne Redpath unter „Träume und Albträume“ zusammenfasst. „Die Ebene des Schlafens oder Schlafwandelns dient jungen Menschen als Hilfsmittel, um mit der eigenen Welt zurechtzukommen“, sagt sie. Die Surrealität hilft beim Erwachsenwerden, beim Coming-of-Age.

So geht es auch der 16-jährigen Lena in „Ani ve snu!“ („In Your dreams!“). Sie ist Parkour-Läuferin und überwindet scheinbar mühelos die Hindernisse in ihrer Stadt. Die Anerkennung der Jungen der Parkour-Clique muss sie sich trotzdem erst erkämpfen – besonders die Aufmerksamkeit von Luky. Ihm begegnet sie während der Fahrstuhlfahrten, die bei ihr seltsame Halluzinationen auslösen. Als sie ihn im Traum in einen Leuchtturm sperrt, ist er auch in der Realität verschwunden. Ihr kommt ein unheimlicher Verdacht: „Glaubst du, dass man jemanden in einen Traum einsperren kann?“

"Es passiert etwas Magisches"

Typisch für diese Filme sind die kleinen surrealen Elemente, die die Grenze zwischen Traum und Realität verwischen. Bei „Girl Asleep“ beginnen Plattencover und Bilder, sich unauffällig zu bewegen. Im russischen Film „Rag Union“ verbringen vier Jugendliche den Sommer in deiner Datsche auf dem Land und träumen davon, die Welt zu verändern. „Wenn du die super Anstrengung in etwas steckst, passiert etwas Magisches“, sagen sie. Doch dann verschwindet einer von ihnen und Scharen von unheimlichen blauen Käfern tauchen auf.

Zuweilen sind diese surrealen Elemente auch comichafte Zeichnungen, die sich vor die Wirklichkeit schieben, so wie in „Las Plantas“ – dem einzigen Film der Reihe, der erst ab 16 Jahren empfohlen ist. Darin muss die 17-jährige Florencia einen Sommer lang allein auf ihren Bruder aufpassen, der im Koma liegt. Sie liest ihm aus dem Comic „Las Plantas“ vor, in dem Pflanzenseelen von schlafenden Menschen Besitz ergreifen. Tagsüber kümmert sich Florencia aufopferungsvoll um ihren Bruder. Und wenn es Nacht wird, lädt Florencia Männer, die sie aus dem Internet kennt, zu sich nach Hause ein und will mit ihnen erste sexuelle Erfahrungen sammeln. Gleichzeitig breitet sich in der Dunkelheit eine unheimliche Atmosphäre aus, in die sich albtraumartige Momente mischen.

Besonders beeindruckend ist die iranische Dokumentation „Starless Dreams“, die das Leben der Frauen in einer iranischen Besserungsanstalt zeigt. Sie träumen von einem besseren Leben. Gleichzeitig bleibt offen, ob in der Welt außerhalb der Gefängnismauern nicht doch die größeren Albträume auf sie warten.

Und während den einen Träume helfen, die Realität zu verarbeiten, ermöglichen sie anderen, diese für einen Moment zu vergessen.

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