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Bildungspaket ist ein Flop. Die Die Angebote sind zwar da, werden aber nicht genutzt.

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Ein Jahr Bildungspaket: Bestellt und nicht abgeholt

Die Koalition wollte Bücher, Klassenfahrten und Klavierunterricht für alle, besonders für Hartz-IV-Kinder. Nach einem Jahr zeigt sich: Der Plan ist gescheitert. Warum das Bildungspaket ungenutzt liegen bleibt.

Von Caroline Fetscher

Als gäbe es die Zahlen nicht, als habe sie keine Statistik gesehen, beschwört Ursula von der Leyen den „Erfolg“ des sogenannten Bildungspakets für Kinder und Jugendliche. Da kann ihr der paritätische Wohlfahrtsverband noch so deutlich vorrechnen, dass nur 20 Prozent der Millionensumme abgerufen wurden, die bildungsferne Eltern für ihre Kinder hätten in Anspruch nehmen können. Der Verband, der das Terrain der Bildungsferne mit am besten kennt, hat für das bestellte und nicht abgeholte Paket ein wahres Wort parat: „Gescheitert!“

Fröhliche Szenarien hatte das Kabinett gemalt: Kinder aus spracharmen, bücherlosen Haushalten mit Geigen und Trompeten in Händen, Hartz-IV-Nachwuchs bei Sport, Theater und Tanz. Dafür bot das Bildungspaket, zum Beispiel, zehn Euro pro Monat für Kurse an Jugendmusikschulen an.

Abgefragt wurde aber vor allem Handfestes wie Beiträge für Klassenfahrten oder Schulspeisung. Der Rest blieb liegen, die Violinen oder Querflöten wurden nicht ausgepackt. Das ist kein Wunder – und es ist nicht die Schuld der angesprochenen Eltern. Denen ist selten bewusst, wie wichtig es für ein Kind sein kann, Theater zu spielen, ein Instrument zu lernen. Wozu sollten sie bei Regen, Schnee oder Hitze mit einem Kind und dessen Instrument durch die Stadt hetzen? Und: Wo sollte ein Kind ein Instrument üben, wenn ununterbrochen der Fernseher läuft? Es grenzte schon an Schamlosigkeit, von Eltern, die selber wenig Bildung und Ausbildung geschenkt bekamen, zu erwarten, dass sie ihre Kinder musisch und intellektuell fördern lassen. Diese Eltern zum Umdenken zu bringen würde dauern, bis die Kinder erwachsen und die zentralen Lernphasen verpasst wären.

Aus der Traum. Das Bildungspaket ist gescheitert. Gerade Gutscheine für Musikunterricht blieben ungenutzt liegen.
Aus der Traum. Das Bildungspaket ist gescheitert. Gerade Gutscheine für Musikunterricht blieben ungenutzt liegen.

© p-a

Jemand hätte dem Kabinett sagen müssen, dass man in weiten Teilen der Zielgruppe des Pakets keine bildungsbürgerlichen Traditionen besitzt, dass dort die Hausangestellten fehlen, die die Kleinen zum Klavierlehrer fahren, und ein Klavier fehlt ohnehin. Auch hätte man daran denken können, dass es für zehn Euro im Monat nicht einmal eine Viertelstunde guten Geigenunterricht gibt. Doch von vornherein hatte die Regierung auf groteske Weise die Augen verschlossen vor der sozialen Realität der Klientel, um die es ihr angeblich ging. Immer noch scheint die Ministerin die Augen zuzukneifen, wenn sie jetzt auf einen „Erfolg“ pocht, wo ein Debakel zu sehen ist; das Symptom hält an.

Dabei ist sonnenklar, wer das Paket auspacken könnte und sollte: die Schulen in Deutschlands Brennpunkten. Dort kann diese frühe Phase des Lernens und der Erziehung intensiv genutzt werden; an den Schulen, von den Schulen müssen Sportangebote, Musikstunden und Nachhilfe organisiert werden. Viel zu viele Bildungsinstitutionen an Brennpunkten kämpfen aber sogar um Mittel für elementare Sanierungen und behelfen sich bei Zusatzangeboten mit schlecht bezahlten oder ehrenamtlichen Theaterpädagogen, Musik- und Sportlehrkräften. Diese Schulen haben den berechtigten Anspruch auf das liegen gebliebene Paket. Sie sollten es für sich einfordern.

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