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Gleichgeschlechtliche Ehen: Weg mit dem Ehegattensplitting

Der Staat behandelt eingetragene Lebenspartnerschaften als Paare zweiter Klasse. Einfach die Hetero-Rechte auf Homos zu übertragen, wäre aber zu kurz gedacht. Es ist an der Zeit, die finanzielle Privilegierung der Ehe komplett abzuschaffen.

Die Homo-Ehe rettet die Hetero-Ehe. So ungefähr lautet das Fazit, das Österreich dieser Tage nach anderthalb Jahren Lebenspartnerschaft für Lesben und Schwule zieht. Denn, Überraschung: Erstmals seit Jahren ging in diesem Zeitraum die Scheidungsrate unter Heteros zurück. Psychologen erklärten, die Debatte um die Homo-Ehe habe den Sinn für die Ernsthaftigkeit von Beziehungen geschärft. Na bitte, es geht doch.

Die Konservativen in den deutschen Unionsparteien sollten sich die Statistik noch einmal genauer anschauen. Vielleicht finden auch sie dann endlich ihren Frieden mit der verhassten Homo-Ehe. In den vergangenen Tagen haben sie gegen den Vorstoß der liberalen Justizministerin protestiert, die eingetragene Lebenspartnerschaft – wie die Homo-Ehe korrekt heißt – mit der Hetero-Ehe komplett gleichzustellen. Die Motive sind durchschaubar: Aus Sicht der Hardliner entleibt sich die Union vollends, würde sie jetzt auch noch das Aus für die exklusive Ehe zwischen Mann und Frau erklären. Steht das Ehe-Versprechen für die heile Welt: Papa, Mama, Kinder, der Hund tollt im Vorgarten, bis dass der Tod sie scheidet.

Der Abwehrkampf ist ebenso gestrig wie vergebens. Denn mit der Lebenswirklichkeit auch vieler heterosexueller Menschen hat dieses Bild nichts mehr zu tun. Schon vor zehn Jahren, als Rot-Grün die Homo-Ehe in Deutschland durchsetzte, war das eine überfällige Anerkennung zigfach gelebter Realitäten. Dennoch sind lesbische und schwule Lebenspartner für den Staat bis heute Paare zweiter Klasse, vor allem im Steuer- und im Adoptionsrecht. Homosexuelle dürfen nicht gemeinsam Kinder annehmen. Anders als Hetero-Eheleute profitieren sie nicht von den Vorteilen bei der Einkommenssteuer. So kommt es zu der absurden Situation, dass Homo-Lebenspartner zwar finanziell füreinander einstehen müssen, wenn die oder der eine arbeitslos wird. Vom Finanzamt aber werden sie trotzdem wie Singles behandelt.

Mit dieser Diskriminierung muss Schluss sein, das fordert die Justizministerin zu Recht. Einfach die Hetero-Rechte auf die Homos zu übertragen, wäre aber zu kurz gedacht. Was ist eigentlich mit den vielen Paaren, die ohne Trauschein oder Lebenspartnerschaftsurkunde zusammenleben und genauso Verantwortung füreinander übernehmen? Gibt es irgendeinen triftigen Grund, dass der Staat sie zu Paaren dritter Klasse macht?

Wohl kaum. Es ist daher an der Zeit, die finanzielle Privilegierung der Ehe komplett abzuschaffen. Die dahinterstehende Vorstellung, jede Ehe ende automatisch in einer Familie, ist anachronistisch. Beim Ehegattensplitting gewinnen ja am meisten Paare, bei denen ein Partner sehr viel und der andere gar nichts verdient. Ein Instrument, das nicht so sehr die Familie, dafür umso mehr die ungleiche Partnerschaft fördert. Warum ausgerechnet darin der jahrzehntelange Emanzipationskampf der Lesben und Schwulen seine Erfüllung finden soll, bleibt ein Rätsel, das auch Homo-Aktivisten kaum erklären können.

Gleichstellen sollte beim Thema Steuern also bedeuten: Die Hetero-Ehe der Homo-Ehe gleichstellen. Weg mit dem Ehegattensplitting. Die gewonnenen Steuermilliarden sollte der Staat in Kitas, Schulen und Hochschulen investieren. Damit wäre denen geholfen, die Familie wirklich ausmachen: Kindern und Jugendlichen, ob sie nun aus Patchworkfamilien oder Regenbogenfamilien kommen, bei einem alleinerziehenden Elternteil oder bei Mutter und Vater leben. Ein volles Adoptionsrecht auch für homosexuelle Paare sollte in diesem Zusammenhang selbstverständlich sein.

Man kann sich den Bund fürs Leben versprechen, ohne vom Staat finanziell bestochen zu werden. 23 000 lesbische und schwule Paare haben das in den vergangenen zehn Jahren vorgemacht. Ehe, die weniger auf Geld gründet, dafür mehr auf Liebe – das ist doch was, womit alle leben können.

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