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Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) war elf Jahre Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im Bundessicherheitsrat hat sie über Rüstungsexporte mitentschieden.

© uwe steinert

Heidemarie Wieczorek-Zeul: „Israels Sicherheit ist ein Vorwand“

Heidemarie Wieczorek-Zeul spricht im Tagesspiegel über die deutschen Panzergeschäfte mit Saudi-Arabien und erklärt, warum die Geheimhaltung brisanter Rüstungsexporte nicht mehr zeitgemäß ist.

Israel billigt den Waffendeal durch sein Schweigen. Ist das nicht Begründung genug für das Geschäft?

In keiner Weise. Es ist ein Vorwand, dass es hier um die israelische Sicherheit geht. Abgeordnete der Union haben ja schon gesagt, dass sie da falschen Informationen aufgesessen seien. Und dass solche Panzerlieferungen den Iran nicht bedrohen, ist ersichtlich. Es geht viel mehr um neue Märkte für Kampfpanzer.

Israel hat dem Waffendeal jedoch nicht widersprochen, im Gegensatz zu früheren Anfragen.

Wir müssen aber der veränderten Situation in Nordafrika Rechnung tragen. Die internationale Gemeinschaft glaubte über viele Jahre, Sicherheit und Stabilität in der Region könne durch die Unterstützung von Despoten sichergestellt werden. Das war ein schwerwiegender Irrtum, der nicht wiederholt werden darf.

Ist es noch sinnvoll, dass in Deutschland brisante Rüstungsexporte geheim gehalten werden?

Nein, die Rolle des Bundessicherheitsrats muss neu diskutiert werden. Unter Rot-Grün haben wir uns für eine restriktive Rüstungsexportpolitik entschieden. Wir müssen verhindern, dass diese politischen Grundsätze unter dem Deckmantel der angeblich notwendigen Geheimhaltung ausgehebelt werden. Es muss eine parlamentarische Beteiligung geben, wie sie die evangelischen und katholischen Kirchen vorgeschlagen haben. Das entspräche der neuen Zeit. Alles andere ist der Demokratie unwürdig.

Schon unter Rot-Grün schossen die Waffenexporte an Saudi-Arabien in die Höhe. Als Mitglied des Bundessicherheitsrates waren Sie an diesen Entscheidungen beteiligt. Ist Ihre Argumentation nicht zynisch?

Ich war damals gegen Waffenlieferungen in die Region des Nahen Ostens und argumentiere heute genauso wie damals. Das ist konsequent und nicht zynisch.

Unter Rot-Grün wurden unter anderem Teile für Raketen und Kampfflugzeuge sowie Militärboote geliefert.

Es ist etwas anderes, wenn Schwarz- Gelb 200 schwere Kampfpanzer liefert. Das wurde jahrzehntelang verweigert. Diese Panzer können zur Unterdrückung der Demokratisierungsbewegung in Saudi-Arabien und darüber hinaus genutzt werden. Außerdem hat sich die Situation durch die Arabellion grundsätzlich verändert. All das verbietet so ein Waffengeschäft.

Hätten Sie in der heutigen Situation die Anfrage der Saudis wirklich ablehnen können?

Selbstverständlich. Sie widerspricht vollständig den „Politischen Grundsätzen“ zum Waffenexport.

Das Gespräch führte Marc Etzold.

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