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Wegen Terrorgefahr werden in Belgien Soldaten eingesetzt, die bestimmte Ort bewachen. Das Beispiel könnte auch in Deutschland Schule machen.

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Islamistische Terrorgefahr in Deutschland: Die Bundeswehr sollte die Polizei unterstützen

Wenn die Polizei in Deutschland bei einem konkreten Terrorrisiko Probleme bekäme, eine größere Zahl mutmaßlicher Angriffsziele  zu bewachen, müssten  bewaffnete Berufssoldaten dorthin gestellt werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Es gibt Hoffnung. Noch im selben Monat, in dem die Anschläge islamistischer Terroristen in Paris und der Beinahe-Angriff in Belgien geschockt haben, wird die deutsche Sicherheitsarchitektur gestärkt. Gleich doppelt.  Zunächst hat am Donnerstag Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger verkündet, bis 2017 würden bei Polizei und Verfassungsschutz insgesamt 385 zusätzliche Beamte eingestellt. Speziell auch zur Observation von Terrorverdächtigen und damit zur präventiven Eindämmung der Gefahr, die von militanten Islamisten ausgeht. Gut so. Und überfällig. Erst recht in einem Land wie Nordrhein-Westfalen, das bundesweit die meisten Salafisten zu verkraften hat. Und in dem Ende 2012 ein islamistischer Anschlag offenbar nur knapp misslang. Die mutmaßlich von einem Salafisten  am Hauptbahnhof Bonn abgelegte Bombe war ein drastisches Warnzeichen. Ebenso die Krawalle von Salafisten in Solingen und Bonn im selben Jahr.

Auch am Donnerstag  hat der Bundesgerichtshof die Strafverfolgung von Hooligans gestärkt. Die Richter bestätigten ein Urteil des Landgerichts Dresden, das fünf Fußballschläger als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung eingestuft hatte. Damit hat der Bundesgerichtshof ein deutliches Signal an die Hooliganszene gesandt, die gemeinsam mit Neonazis den  Straßenkampf gegen die ähnlich aufgeheizten  Salafisten suchen.  Nach dem Richterspruch aus Karlsruhe drohen den rechten Hauern nun härtere Strafen als bisher.

Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung kann bis zu fünf Jahren Haft bedeuten

Für einen Hooligantrupp steigt das Risiko, nicht nur mit Anklagen und Urteilen zu  Körperverletzung und Landfriedensbruch konfrontiert zu werden. Allein  für die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sind bis zu fünf Jahre Haft möglich. Auch wenn solche Urteile nicht allzu häufig sind, müssen Hooligangs sie nun einkalkulieren. Richtig so. Und ebenfalls überfällig.

Mit der Aufstockung von Personal und einem wegweisenden Urteil zeigt der Rechtsstaat  Stärke. Das ist dringend nötig, angesichts der berechtigten Sorgen und Ängste in der Bevölkerung  vor frommem Terror und  obendrein drohenden Konflikten zwischen  Islamisten und anderen Fanatikern. Von den Sicherheitsbehörden wird erwartet, dass sie ihre Effektivität angemessen und rechtzeitig steigern, wenn Gefahren wachsen. Mehr Personal benötigt auch die Justiz, um die explodierende Zahl der Verfahren gegen  Terrorverdächtige bewältigen zu können. Stark betroffen ist  die Bundesanwaltschaft, bei der sich allein die Zahl der Fälle mit Bezug zum syrischen Bürgerkrieg im vergangenen Jahr fast verzehnfacht hat. Der Rechtsstaat muss aufpassen, nicht an seine Grenzen zu geraten.

Das gilt schon für den unmittelbaren Schutz von  Personen und Objekten vor einem Terrorangriff. Angesichts der dramatischen Geschehnisse in Paris und Belgien erscheint es  angebracht, über einen altbekannten und nicht gerade populären Vorschlag nachzudenken. Der Einsatz der Bundeswehr zur Unterstützung der Polizei ist ein Thema, das viel Unbehagen hervorruft.

Warum soll in Deutschland undenkbar sein, was in Frankreich möglich ist?

Da schwingt die Erinnerung an die  Militarisierung von Staat und Gesellschaft in der deutschen Geschichte mit, an  wilhelminisches Gerassel, an  den Waffenwahn der NS-Diktatur und auch an das  zackige Gehabe des SED-Regimes. Aber das sind Gespenster der Vergangenheit. In Frankreich und Belgien haben die Regierungen in diesem Monat Soldaten aus den Kasernen geholt, um besonders gefährdete Einrichtungen zu schützen, darunter Schulen für jüdische Kinder. Warum soll das in Deutschland undenkbar sein?

Wenn die Polizei bei einem konkreten und noch höheren  Terrorrisiko als jetzt  Probleme bekäme, eine größere Zahl mutmaßlicher Angriffsziele  zu bewachen, müssten  bewaffnete Berufssoldaten dorthin gestellt werden. Lehrern und Kinder einer jüdischen Schule  dürfte es lieber sein,  Fallschirmjäger mit Sturmgewehren stehen an der Tür, als auf eine überlastete Polizei zu vertrauen. Das Grundgesetz erlaubt den  Streitkräften, „im Spannungsfall“ zivile Objekte schützen, gerade auch „zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen“. Es wäre fahrlässig, in Zeiten des entgrenzten Terrors darauf zu verzichten. 

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