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Für die SPD läuft es derzeit schlecht. Weil sie keine Antworten auf die drängendsten Fragen der Wähler haben, schreibt Harald Martenstein.

© imago/DeFodi

Martenstein zur SPD-Krise: Falsche Fragen, falsche Antworten

Die SPD schlittert gerade von Wahlpleite zu Wahlpleite. Und so wie es aussieht, könnte es so auch noch eine Weile weitergehen.

Warum ist die SPD so arm dran? Weil die Parteiführung geglaubt hat, sie kommt mit einem Griff in die Trickkiste durch, mit dem zeitlos schönen, aber nebulösen Thema „Gerechtigkeit“. Zu ihrem Unglück hat die Partei beschlossen, all die Fragen weitgehend zu ignorieren, auf die ein großer Teil der Wähler gern eine Antwort hätte. Man kann den Leuten Themen halt nicht aufzwingen, nur, weil man sich auf diesem Terrain zufällig stark fühlt.

In den Armenvierteln von NRW waren die Verluste der SPD besonders heftig, so viel zu „Gerechtigkeit“. Die Leute dort haben Angst vor Kriminalität und noch mehr Zuwanderung. Statt exklusiv zur immer rechteren AfD treibt sie diese Angst neuerdings wieder in großer Zahl zu CDU und FDP. Sie trauen Angela Merkel und ihrer CDU offenbar am ehesten zu, ein Problem zu lösen, das ja doch recht viel mit den Entscheidungen der Kanzlerin vom Herbst 2015 zu tun hat. Heute sagt sie: Grenzöffnung, nie wieder. Merkel ist jetzt auch ihre eigene Oppositionsführerin. Gegen diese Frau war Machiavelli ein Waisenknabe.

Die SPD müsste zeigen, dass sie auf diese Probleme eine Antwort hat

Die SPD müsste zeigen, dass sie auf diese Probleme eine Antwort hat, eine andere Antwort als die AfD, aber auch eine andere Antwort als „Weiter so“. Es muss einen Mittelweg geben zwischen Abschottung und totaler Verunsicherung. Wie könnte der aussehen?

Die rot-grüne Schulpolitik ist auch ein Garant für Fluchtbewegungen unter den Wählern. Das alte sozialdemokratische Aufstiegsrezept hieß: Bildung, Fleiß und Chancengleichheit. Die ersten beiden dieser drei Punkte hat die SPD aus ihrem Repertoire gestrichen. Schulabschlüsse sind durch Inflation entwertet. Der Leistungsgedanke wird verteufelt. Eltern wünschen sich einfach nur Schulen, die in gutem Zustand sind, mit kleinen Klassen und motivierten Lehrern. Statt dessen sind die Schulen in gesellschaftliche Labore verwandelt worden, mit den Kindern als Versuchskaninchen.

Keine Antworten auf die drängendsten Fragen

In NRW konnte man der Infrastruktur beim Verfall zuschauen. Alles andere schien wichtiger zu sein als die staatlichen Kernaufgaben – Sicherheit und Mobilität zum Beispiel.

Und Europa? Das Projekt Europa könnte scheitern, wenn es nicht reformiert wird. Für welche Reform steht die SPD? Deutschland zahlt alles, zur Not erhöhen wir die Steuern? Da werden die Massen aber nicht jubeln. Und wenn die Kapitalerträge höher besteuert werden, ist das kein wirklich verführerisches Angebot an all die Mittelständler, die versuchen, etwas fürs Alter zurückzulegen. Jahrelang hieß es: Spart! Die Renten sinken! Jetzt heißt es: Die Früchte eurer Ersparnisse sind leistungsloses Einkommen, her damit.

Die SPD und die Grünen verlieren Wahlen, weil sie auf die drängendsten Fragen der Wähler keine überzeugenden Antworten geben, ganz einfach.

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