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Innenminister Rech (CDU) machte die Stuttgart-21-Gegner für die Eskalation der Gewalt während der eigentlich als Schülerdemonstration gemeldeten Prostestveranstaltung verantwortlich.

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Update

Stuttgart: Innenminister Rech: "Aggression ging von Demonstranten aus"

Am Stuttgarter Schlossgarten ist die Polizei gewaltsam gegen Stuttgart-21-Gegner vorgegangen. Baden-Württembergs Innenminister Rech machte die Demonstranten für die Eskalation verantwortlich.

Von Maris Hubschmid

Bei erneuten Protesten gegen das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 ist es am Donnerstag zu massiven Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Augenzeugen zufolge soll die Polizei bei der Räumung des Schlossgartens ungewöhnlich brutal gegen die Gegner des Bauvorhabens vorgegangen sein. Es seien Schlagstöcke, Wasserwerfer Pfefferspray und Tränengas gegen sie eingesetzt worden, berichteten Teilnehmer, unter denen sich auch Kinder befanden. Bei den Organisatoren der Protestkundgebung war von mehreren hundert Verletzten die Rede.

Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) gab den Demonstranten die Schuld für dieEskalation der Gewalt. Das Innenministerium musste allerdings am Abend die Darstellung korrigieren, wonach die Demonstranten Pflastersteine auf Polizisten geworfen hätten. Nach der Räumung eines besetzten Polizei-Lkw seien Plastikflaschen und kleine Steine geflogen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Nach Polizeiangaben wurde dabei kein Beamter verletzt.

„Menschen wurden mit Wasserwerfern von den Bäumen geschossen“, sagte der Schriftsteller Wolfgang Schorlau im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Ich habe Bilder gesehen, die ich in Stuttgart nie für möglich gehalten hätte.“ Der Regisseur und Schauspieler Volker Lösch sprach von einer „neuen Qualität des Kampfes“. Schüler, die sich vor einem Polizeiwagen aufgebaut und dort Texte vorgetragen hätten, seien unvermittelt von einer Gruppe Polizisten angegriffen worden und dann aufgewühlt weggerannt. „Etwa 3000 Menschen waren plötzlich harten Wasserstrahlen ausgesetzt, obwohl sie weder aggressiv aufgetreten noch im Weg gewesen waren“, schilderte Lösch. „Ich habe auch gesehen, wie Polizisten eine etwa 60-jährige Frau zusammenprügelten.“

Vonseiten der Polizei hieß es, die Beamten hätten die Baustelle sichern und Wege im Schlossgarten räumen wollen. Wenn sich die Demonstranten aber nicht rechtlich einwandfrei verhielten, dann könne „die Polizei auch mal hinlangen“, wie es ein Polizeisprecher formulierte. Ob auch Schlagstöcke im Einsatz gewesen seien, wollte er nicht bestätigen.

Laut Polizei war es nicht die Absicht der Einsatzkräfte, die Demonstranten einzukesseln. Eine „Gitterlinie“ habe dem Schutz der Baustelle dienen sollen. Bereits in der Nacht zu Freitag sollte mit dem Fällen der Bäume im Schlossgarten begonnen werden. Insgesamt sollen für das Projekt 282 Bäume gefällt werden.

Gegner des Bahnprojekts besetzten für eineinhalb Stunden die baden-württembergische Landesvertretung in Tiergarten. Wie eine Sprecherin mitteilte, handelte es sich um Mitglieder einer Besuchergruppe der Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel (Linke). Sie hätten sich von der Gruppe abgesetzt und auf einem Balkon ein Banner entrollt.

An diesem Freitag wird sich der Innenausschuss des Bundestages auf Antrag der Linken in einer Sondersitzung mit den Ereignissen in Stuttgart befassen. Auch die Grünen wollen das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten zum Thema machen. Der parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck sprach von einem „unverhältnismäßigen Polizeieinsatz“. (mit dapd/dpa)

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