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Nachlässigkeit kann Bischöfen demnächst ihr Amt kosten.

© Arne Dedert/dpa

Sexueller Missbrauch: Papst droht Bischöfen bei Ignorieren von Missbrauchsvorwürfen mit Absetzung

Papst Franziskus verschärft die Regeln zur Ahndung von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche. Die Maßnahme tritt im September in Kraft.

Papst Franziskus hat Bischöfen, die Kindesmissbrauch durch ihnen unterstellte Geistliche ignorieren, mit Absetzung gedroht. Bischöfe, die sich der schweren "Nachlässigkeit in der Ausübung ihres Amtes" schuldig machten, indem sie auf den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen nicht angemessen reagierten, könnten abberufen werden, heißt es in einem Apostolischen Schreiben vom Samstag. Der Papst setzte damit die Hürde für ein solches Verfahren herab.

Das Apostolische Schreiben (Motu proprio) trägt den Titel "Wie eine liebende Mutter". Franziskus hebt darin hervor, dass die Kirche "alle ihre Kinder liebt, aber mit einer ganz besonderen Zuneigung die Schwächsten und Wehrlosen umsorgt und schützt". Priester und besonders Bischöfe müssten daher "eine besondere Sorgfalt beweisen im Schutz der Schwächsten unter den Menschen, die ihnen anvertraut sind".

Bereits vor dem Apostolischen Schreiben sah das Kirchenrecht die Möglichkeit vor, Bischöfe aus "schwerwiegenden Gründen" abzuberufen. Mit seinem neuen Schreiben wolle er "präzisieren", dass die genannten "schwerwiegenden Gründe" auch "Nachlässigkeit der Bischöfe in der Ausübung ihres Amtes" beinhalteten, schrieb der Papst. Dies betreffe insbesondere Fälle "von sexuellem Missbrauch bei Minderjährigen und verletzlichen Erwachsenen".

Sein Sprecher Federico Lombardi erläuterte, es handele sich also nicht um ein Dekret zu einem "Strafverfahren, weil es nicht um ein begangenes 'Vergehen' geht". Vielmehr handele es sich um eine "Aktualisierung" bereits bestehender Vorgaben des Kanonischen Rechts.

Papst Franziskus erläuterte, dass für die Abberufung eines Bischofs im Falle von Kindesmissbrauch ausreiche, wenn der Mangel an Sorgfalt "schwerwiegend" gewesen sei. In anderen Fällen müsse dieses Versäumnis hingegen "sehr schwerwiegend" sein.

Franziskus kündigte an, ein Juristengremium, wahrscheinlich bestehend aus Kardinälen und Bischöfen, zu schaffen, das in die heikle Entscheidung, einen Bischof abzusetzen, einbezogen werde. Der beschuldigte Bischof könne zu den Vorwürfen Stellung beziehen. Wenn der Papst die endgültige Entscheidung getroffen hat und ein Bischof sich weigert abzutreten, soll die Absetzung nach zwei Wochen zwangsweise in Kraft treten.

Lombardi teilte mit, diese Neuerungen stünden in keinem Zusammenhang mit einem konkreten Fall. Außerdem würden sie nicht rückwirkend angewandt. In Kraft treten soll die neue Maßnahme demnach am 5. September.

Die katholische Kirche wurde weltweit durch zahlreiche Fälle von Kindesmissbrauch erschüttert, die oft Jahrzehnte zurückreichen. Franziskus rief wiederholt zu null Toleranz gegenüber Kindesmissbrauch auf. Er richtete eine juristische Instanz zur Aburteilung pädophiler Geistlicher ein, beauftragte eine internationale Expertenkommission damit, der Kirche Präventionsmaßnahmen zu empfehlen, und traf sich mit Opfern pädophiler Geistlicher. Dennoch wurden immer wieder Vorwürfe laut, dass die Kirche nicht entschieden genug gegen die Missstände vorgehe.

In seinem Lehrschreiben "Amoris Laetitia" (Freude der Liebe) zum Familienbild der katholischen Kirche bezeichnete der Papst Anfang April Kindesmissbrauch als "eine der skandalösesten und perversesten Wirklichkeiten" der heutigen Gesellschaft. "Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird noch skandalöser, wenn er an den Orten geschieht, wo sie geschützt werden müssen, besonders in den Familien, in den Schulen und in den christlichen Gemeinschaften und Institutionen", führte das Kirchenoberhaupt damals aus. (AFP)

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