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Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.

© dpa

Türkei: Erdogan streicht Evolutionstheorie aus Schulbüchern

Darwins Evolutionstheorie sei für Schüler zu kompliziert, sagt das türkische Bildungsministerium. Das Kapitel soll in Schulbüchern durch „Lebewesen und ihre Umwelt“ ersetzt werden.

Charles Darwins Evolutionstheorie wird ab 2019 aus türkischen Lehrbüchern verschwinden. Das teilte der Lehrplanbeauftragte des Bildungsministeriums, Alpaslan Durmus, am Freitag mit. Der neue Lehrplan soll am Dienstag, dem Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan, vorgestellt werden. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat den Entwurf bereits unterzeichnet.

Die Evolutionstheorie sei für Schüler dieses Alters zu kontrovers und kompliziert, sagte Durmus. Daher solle das Kapitel aus dem Biologieunterricht der neunten Klassen entfernt werden und durch ein neues namens „Lebewesen und ihre Umwelt“ ersetzt werden.

Die Evolutionstheorie solle erst später an der Universität gelehrt werden. Durmus sprach von einer „Vereinfachung des Lehrplans“.

Akademiker mehrerer Universitäten kritisierten den Entwurf. Das einzige Land, in dem die Evolutionstheorie ebenfalls vom Lehrplan gestrichen ist, sei Saudi-Arabien. Der Kreationismus kommt dagegen schon seit den 80er Jahren in türkischen Schulbüchern vor.Laut einer Umfrage von 2012 zweifeln 70 Prozent der Türken an der Evolutionstheorie.

Kritik aus der Opposition

Auch die größte türkische Oppositionspartei CHP hat die Regierungspläne kritisiert. Der CHP-Abgeordnete für Istanbul, Baris Yarkadas, warf der islamisch-konservativen AKP vor, das Land nach islamischen Gesetzesprinzipien regieren zu wollen.

„Eine erwiesene Theorie aus den Lehrplänen zu entfernen heißt, Wissen und Wissenschaft zu missachten. Die AKP-Regierung ersetzt sie mit einem Programm, das Scharia-Prinzipien enthält“, sagte Yarkadas der Nachrichtenagentur dpa am Freitag.
Die Türkei ist formal ein laizistischer Staat mit Religionsfreiheit, ein Erbe von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk (1881-1934). Säkulare Türken befürchten seit langem eine Islamisierung sowohl des Lehrplans als auch der Gesellschaft. Seit Regierungsantritt der AKP 2003 wurde das Kopftuchverbot aufgehoben, Glücksspiel verboten und Alkoholverbote ausgeweitet. (KNA/dpa)

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