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Die Netze sind ausgeworfen. In NRW machten die Piraten aber nur 1,5 Prozent Wählerfang.

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Landtagswahl: Piraten segeln am Ziel vorbei

Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen bekam die Piratenpartei nur 1,5 Prozent der Stimmen und blieb damit deutlich hinter ihrem Ergebnis bei der Bundestagswahl zurück. Ist das nur eine Flaute oder sinkt das Piratenschiff?

Von Anna Sauerbrey

Kämpferisch und verunsichert zugleich klingt die Nachricht, die die Piratenpartei NRW am Tag nach der Wahl auf Twitter absetzt. „Ein großes Danke an unsere (mittlerweile vielleicht sogar treuen?) Wähler“, twittert da jemand. Und: „Wir machen weiter!“ Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ist für die kleine Partei nicht so ausgegangen, wie sie sich das erhofft hatte. 1,5 Prozent haben am Sonntag die Piraten gewählt – weniger als bei der Bundestagswahl im September 2009. Da kamen die Piraten bundesweit auf zwei Prozent der Stimmen, in NRW auf 1,7 Prozent. Unter den 18 bis 29-Jährigen wählten am Sonntag laut Forschungsgruppe Wahlen zwar sechs Prozent die Netzpartei – breitere Wählerschichten aber konnten sich die Piraten erneut nicht erschließen. Und selbst in der Stammwählerschaft klappte es nicht wie erhofft. In einigen größeren Uni-Städten wie Köln, Bonn oder Essen kamen die Piraten auch nur auf um die zwei Prozent. Ist die ganze Aufregung um die Netzpartei schon wieder vorbei? Sinkt das Piratenschiff?

"Zufrieden war keiner", sagt der Chef

Muss seine Piraten organisieren: der Vorsitzende Jens Seipenbusch.
Muss seine Piraten organisieren: der Vorsitzende Jens Seipenbusch.

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Jens Seipenbusch, Vorsitzender der Piratenpartei, klingt am Tag nach der Wahl zu entspannt für ein Untergangsszenario. Den Wahlabend hat er zusammen mit der nordrhein-westfälischen Spitzenkandidatin Birgit Rydlewski in Dortmund verbracht. „Zufrieden war keiner“, gibt er aber zu. „Unser Ziel war es natürlich zu wachsen.“ Die Piratenpartei hatte vor der Landtagswahl mit vielem zu kämpfen, sowohl mit dem politischen Klima, als auch mit sich selbst. Das große Thema der Piraten, die Netzfreiheit, ist ein bundespolitisches Thema und noch dazu eines, das inzwischen deutlich weniger hitzig diskutiert wird, als noch im Herbst. Zu den Themen, die in den letzten Wochen Schlagzeilen machten, hatten die Piraten dagegen wenig zu sagen, zur Griechenlandrettung ebenso wenig wie zur Steuerreform. Das klassische landespolitische Thema, die Bildungspolitik, ist zwar neu im Piratenportfolio, profiliert hat sich damit aber noch kein Pirat.

Die NRW-Landesvorsitzende der Piratenpartei, Birgit Rydlewski, in Dortmund vor dem Stammlokal der Partei. Rydlewski ist Lehrerin - Bildung soll bei den Piraten eine größere Rolle spielen.
Die NRW-Landesvorsitzende der Piratenpartei, Birgit Rydlewski, in Dortmund vor dem Stammlokal der Partei. Rydlewski ist Lehrerin - Bildung soll bei den Piraten eine größere Rolle spielen.

© dpa

Hinzu kam internes Gerangel. Nicht alle Piraten sind damit einverstanden, dass die Partei sich neu organisiert und ihr Themenspektrum erweitert. Sogar von „Flügelkämpfen“ war in NRW die Rede. „Das hat unnötig Kräfte gebunden“, sagt Seipenbusch. Außerdem fehlt das Geld für aufwendige Kampagnen. Einen Rechenschaftsbericht für 2008 hat die Partei zwar inzwischen unter großen Mühen bei der Bundestagsverwaltung eingereicht und hofft nun auf Wahlkampfkostenerstattung. Dem Landesverband NRW konnten die Bundespiraten aber laut Seipenbusch gerade einmal 15.000 Euro zur Verfügung stellen – dafür bekommt man noch nicht einmal eine größere Schwarz-Weiß-Anzeige in der WAZ.

Politikwissenschaftler: Kein Anfang vom Ende
Auch Christoph Bieber ist deshalb von dem mäßigen Ergebnis der Piraten nicht überrascht. Der Gießener Politikwissenschaftler verfolgt die Entwicklung der Piratenpartei seit den Anfängen. „NRW ist ein schwieriges Pflaster für die Piraten“, meint er. Bieber verweist auf die starke Konkurrenz durch eine ganze Reihe anderer „Kleiner“, auf die ländlichen Gegenden und auf die starken Grünen in NRW, die die Themen der Piratenpartei ebenfalls relativ weit oben auf der Agenda haben: „Die etablierten Parteien haben auch dazu gelernt und widmen sich jetzt selbst verstärkt netzpolitischen Themen“, sagt Bieber. Sowohl Bieber als auch sein Kollege am Berliner Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Oskar Niedermayer, sehen die Zukunft der Piraten aber relativ optimistisch. "Ich würde nicht sagen, dass das der Anfang vom Ende der Piraten ist", sagt Niedermayer. "Die Partei hat sich in den letzten Monaten gut organisiert und ist inzwischen besser aufgestellt als manch andere Kleinstpartei." Beide Wissenschaftler sehen allerdings die Ausweitung des Themenspektrums der Partei skeptisch. Dafür sei es noch zu früh.

Die nächste große Etappe für die Piraten ist nun die Landtagswahl in Berlin im Herbst 2011. Die Partei hofft auf ein Heimspiel, mit den Ergebnissen aus manchen Bezirken hätten die Piraten bei der Bundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde locker übersprungen. Bis dahin muss die Partei sich noch besser organisieren, das meint auch Christoph Bieber. 13.000 Piraten gibt es inzwischen, noch deutlich weniger als die Grünen mit ihren 50.000 Mitgliedern, aber doch zu viele, um komplett auf Hierarchien zu verzichten. 1000 Piraten werden allein auf dem Parteitag in Bingen am nächsten Wochenende erwartet: auch ein Piratenabenteuer.

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