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Ein israelischer Panzer nahe der Grenze zum Gazastreifen.

© Reuters

Update

Israel und die Hamas: Dreitägige Waffenruhe im Gaza-Konflikt hat begonnen

Eine 72-stündige Feuerpause ist im Gaza-Konflikt am Freitagmorgen in Kraft getreten. In Kairo nehmen Israelis und Palästinenser umgehend Verhandlungen für eine dauerhafte Waffenruhe auf. Die Zahl der Toten ist unterdessen auf über 1500 gestiegen.

Israel und die radikalislamische Hamas haben nach Angaben von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Außenminister John Kerry eine dreitägige Feuerpause im Gazastreifen vereinbart. Sie ist am Freitagmorgen um 07.00 Uhr MESZ in Kraft getreten und soll für 72 Stunden gelten, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung am Donnerstagabend in New York.

Demnach werden die israelischen Streitkräfte während dieser Zeit nicht aus dem Küstengebiet abgezogen. Israel werde während der Feuerpause "defensive" Operationen gegen Hamas-Tunnel aus dem Gazastreifen fortsetzen, kündigte Kerry an. Diese Einsätze fänden "hinter" den im Laufe der Offensive gezogenen israelischen "Linien" statt.

Hamas-Sprecher Fausi Barhum bestätigte die Nachricht von der Feuerpause. Die Palästinenserorganisation habe in die 72-stündige humanitäre Waffenruhe eingewilligt. Die "Hamas und alle Gruppen des Widerstands" seien zu der Waffenruhe ab Freitagmorgen bereit, wenn die "andere Seite die Waffenruhe ebenfalls einhält", sagte der Sprecher der den Gazastreifen kontrollierenden Islamisten.

Bereits mehr als 1500 Menschen starben

Ban Ki Moon und John Kerry erklärten, mit der Waffenruhe solle unschuldigen Zivilisten eine Atempause verschafft werden. Zudem forderten sie die beiden Seiten auf, sich schon bis zum Beginn der Feuerpause zurückzuhalten. Während der Feuerpause "werden die Zivilisten in Gaza dringend benötigte humanitäre Hilfe erhalten" und die "Gelegenheit, lebenswichtige Arbeiten auszuführen", sagte Kerry. Der US-Außenminister nannte die Bestattung von Toten, Versorgung von Verletzten und die Aufstockung von Lebensmittelvorräten. Zudem könnten während der Waffenruhe wichtige Reparaturarbeiten an Energie- und Wasserversorgung für die Bevölkerung erledigt werden.

Die israelische Armee hatte vor mehr als drei Wochen mit einer Offensive im Gazastreifen begonnen. Deren Ziel war es, den anhaltenden Raketenbeschuss aus dem Küstengebiet auf Israel zu unterbinden. Auch „Terror-Tunnel“, durch die militante Palästinenser auf israelischen Boden gelangen können, um Anschläge zu verüben oder Menschen zu entführen, sollten zerstört werden. Auf beiden Seiten zusammen starben bis Freitagmorgen mehr als 1500 Menschen, Tausende wurden verletzt. Die Bevölkerung des Gazastreifens hatte zuletzt immer stärker gelitten.

In einer Schule der Vereinten Nationen beim Jabalia-Flüchtlingscamp in Gaza inspiziert ein Palästinenser die Schäden nach einem israelischen Angriff, bei dem mindestens 16 Menschen starben.
Bei einem israelischen Angriff sind in einer UN-Schule beim Jabalia-Flüchtlingscamp in Gaza mehrere Menschen, die dort Zuflucht gesucht hatten, gestorben. Die USA kritisieren die Attacke in ungewöhnlich scharfer Form.

© AFP

Verhandlungen in Kairo sollen noch heute beginnen

In Kairo sollen nun umgehend Verhandlungen über eine dauerhafte Waffenruhe beginnen. Delegationen von Israelis und Palästinensern würden sofort in die ägyptische Hauptstadt reisen, um Verhandlungen unter ägyptischer Vermittlung aufzunehmen. Ziel sei eine dauerhafte Waffenruhe. „Beide Seiten werden alle Fragen auf den Tisch bringen können", hieß es weiter. Nach Angaben eines Vertreters aus Kerrys Delegation sollen die Gespräche bereits am heutigen Freitag starten. Dazu werde der US-Nahostgesandte Frank Lowenstein in die ägyptische Hauptstadt reisen.

UN und USA dankten „allen regionalen Gruppen mit Einfluss“ für ihre Unterstützung. „Wir rechnen mit weiterer Hilfe bei den internationalen Bemühungen, um so schnell wie möglich eine dauerhafte Waffenruhe zu erreichen.“

USA kritisieren Israel in ungewöhnlich scharfer Form

Zuvor hatten die USA Israel in ungewöhnlich scharfer Form ein rücksichtsloses militärisches Vorgehen im Gazastreifen vorgeworfen. “Der Granatangriff auf eine UN-Einrichtung, in der unschuldige Zivilisten Schutz vor der Gewalt gesucht haben, ist absolut inakzeptabel und nicht zu rechtfertigen“, sagte Regierungssprecher Josh Earnest am Donnerstag in Washington. Israel hebe häufig hervor, dass es großen Wert darauf lege, Zivilisten zu verschonen. Aber die Vereinigten Staaten glaubten, dass Regierung und Militär in diesem Konflikt dafür nicht genug täten.

Bei dem Beschuss einer UN-geführten Schule durch israelische Streitkräfte waren nach palästinensischen Angaben 15 Menschen getötet worden. Das israelische Militär gab an, aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Schule beschossen worden zu sein und das Feuer erwidert zu haben. “Wir glauben, dass die israelische Regierung und das israelische Militär mehr tun müssen, um ihren eigenen Standards gerecht zu werden, die sie zum Schutz unschuldiger Zivilisten gesetzt haben“, sagte Earnest weiter.

Die USA sind der wichtigste Verbündete Israels und betonen zugleich, Israel habe das Recht zur Selbstverteidigung. Kein Land müsse es hinnehmen, dass es mit Raketen beschossen werde. Vor einigen Tagen hatte US-Außenminister John Kerry seine Bemühungen um die Vermittlung einer Feuerpause zunächst abgebrochen, jetzt aber zu einem ersten Erfolg geführt.

UN werfen Israel und Hamas Verletzung des Völkerrechts vor

Vor der scharfen Kritik aus den USA hatte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, Israel und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas die Verletzung des humanitären Völkerrechts vorgeworfen. Bei Israel sei dies wegen der Angriffe in dicht besiedelten Gebieten der Enklave der Fall. Die israelische Armee missachte vorsätzlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Schutz von Zivilisten, sagte Pillay am Donnerstag in Genf. Es gebe ein „Muster“, nach dem „Wohnhäuser, Schulen, Kliniken und UN-Einrichtungen“ im Gazastreifen angegriffen würden. „Nichts von alledem scheint mir zufällig zu sein“, sagte Pillay.

Die Hamas verletze Regeln des Völkerrechts für bewaffnete Konflikte, wenn sie Raketen in Schulen, Krankenhäusern oder Moscheen lagere, fügte die 73-Jährige bei der letzten Pressekonferenz ihrer Amtszeit hinzu. Beide Verstöße gegen das Völkerrecht könnten auf Kriegsverbrechen hinauslaufen, die strafrechtlich zu ahnden seien. (AFP, dpa, Reuters)

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