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Die alten Griechen im Original lesen - auch das wird an grundständigen Gymnasien geboten.

© iStock/PanosKarapanagiotis

Philosophie: Die Skripte des Aristoteles

Eine Ringvorlesung zum 2400. Geburtstag des Denkers widmet sich seinen wichtigsten Vorlesungen und Schriften.

Aristoteles war ein Denker der Schule. Er hat, wie der berühmte Altphilologe Werner Jaeger es formuliert hat, zu Füßen seines Lehrers Platon in der Akademie vor den Toren Athens gelernt und dort später auch selbst gelehrt. Alle Schriften, die uns von Aristoteles überliefert sind, stammen aus seiner Lehrtätigkeit und sind sozusagen Vorlesungsskripte für den Schulgebrauch. Doch das bedeute keineswegs, dass seine Lehre deswegen lebensfern oder angestaubt ist, sagt Gyburg Uhlmann, Professorin für Klassische Philologie und Altertumswissenschaftlerin an der Freien Universität.

Im Gegenteil: Aristoteles war in höchstem Maß an konkretem Wissen über die Dinge und die Welt interessiert. Er hat nicht nur unermüdlich gelesen, was ihm schon in der Antike den Beinamen „der Leser“ eingebracht hat, sondern auch genau hingesehen und nach einer Bestimmung der Dinge gesucht, die zu ihrer genauen Unterscheidung hinreichend ist. Denn Denken bedeutet für Aristoteles Unterscheiden, auf Griechisch: krinein. Wir erkennen Dinge, indem wir begreifen, was sie genau und was nur sie ausmacht. Aristoteles’ Philosophie – oder besser die vielen verschiedenen Aristotelismen – seien, so Uhlmann, bis heute immer wieder Gegenstand großer Kontroversen gewesen. Aristoteles wurde im Mittelalter „der Philosoph“, genannt, später aber auch als scholastischer Philosoph leidenschaftlich bekämpft. Und doch prägt die Philosophie des Unterscheidens und des daraus abgeleiteten Satzes vom Widerspruch in vielem bis heute unser Verständnis vom Denken.

Die Texte wurden im Laufe der Jahrhunderte verändert, kommentiert und neu interpretiert

Aus Anlass des 2400. Geburtstags des Ausnahmegelehrten findet vom 20. April an im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Offener Hörsaal“ eine Ringvorlesung zu seinen wichtigsten Vorlesungen und Schriften statt. Der griechische Philosoph, der von 384 bis 322 vor Christi lebte, hatte eine Wissenschaftssystematik entwickelt, zu der die Psychologie und Logik, aber auch die Physik, Biologie, Politik und weitere Bereiche gehörten. In der Veranstaltungsreihe geht es insbesondere um die Art und Weise, wie die Lehre des Aristoteles immer wieder neu gelesen und gedacht wurde und wie dadurch eine Vielzahl an Aristotelismen entstanden und überliefert wurden. „Von Aristoteles’ Lebenszeit an, über die Antike und das Mittelalter bis heute wurde seine Lehre in zahlreiche Sprachen und Kulturen übersetzt. Deshalb fragen wir danach, wie seine Texte im Laufe der Jahrhunderte verändert, kommentiert und verstanden wurden“, sagt Gyburg Uhlmann, die unter anderem für ihre Forschung zu Platon – dessen Akademie Aristoteles besucht hat – 2006 mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet worden ist. Die Vorlesungsreihe trägt wegen ihrer wissensgeschichtlichen Ausrichtung den Titel „2400 Jahre Aristoteles und Aristotelismen“ und wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Episteme in Bewegung“ mit dem Aristotelismus-Zentrum Berlin entwickelt.

Als Referentinnen und Referenten der Reihe hat Gyburg Uhlmann renommierte Aristoteles-Experten gewonnen. „Trotzdem braucht es kein Vorwissen, um der Veranstaltung folgen zu können“, sagt die Gräzistin. Die fächerübergreifende Lehrveranstaltung ist offen für Studierende aller Semester und Interessierte jeden Alters. Die Klassische Gräzistik der Freien Universität hat neben der Ringvorlesung auch Angebote für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 12 entwickelt. Dort geht es unter anderem um die Frage, was nach Aristoteles’ Ansicht eigentlich ein Mensch ist, woran man ihn erkennt und wie es kommt, dass wir noch heute sein Werke lesen.

Die Ringvorlesung „2400 Jahre Aristoteles und Aristotelismen“ findet jeden Mittwoch vom 20. April bis 20. Juli um 18 Uhr am Institut für Philosophie statt, Vortragsraum im Untergeschoss, Habelschwerdter Allee 30, 14195 Berlin-Dahlem (U3 Dahlem-Dorf; Bus 110, M 11, X 11).

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