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Brandenburg: V-Mann-Affäre: Jetzt spricht der Spitzel

Christian K. bestätigt Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz – Beamter gab Informationen über Nazi-Razzia weiter

Von Frank Jansen

Potsdam. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gerät in Erklärungsnot. Seit Wochen sagt Schönbohm, es gebe keine neue V-Mann-Affäre – doch jetzt hat der ehemalige Verfassungsschutz-Spitzel Christian K. die Vorwürfe gegen die Behörde bestätigt. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel und der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ sagte K., er habe Anfang 2001 von einem Beamten des Verfassungsschutzes detaillierte Informationen über die geplante Razzia der Potsdamer Polizei erhalten. Sein V-Mann-Führer mit dem Decknamen „Max“ habe gesagt, am 17. Februar 2001 wolle die Polizei in der rechten Szene durchsuchen – in Zusammenhang mit den Ermittlungen von Generalbundesanwalt Kay Nehm gegen die Terrorgruppe „Nationale Bewegung“. Christian K. gab zu, er habe dann am 6. Februar 2001 per Telefon den Neonazi Sven S. informiert. Dieses Gespräch wurde, wie berichtet, vom Landeskriminalamt mitgehört.

Bislang behauptet Schönbohm, es gebe gar keine V-Mann-Affäre, da unklar sei, woher der V-Mann von der Razzia wissen konnte. Aus dem Umfeld des Verfassungsschutzes und im Landtag wird sogar die Polizei verdächtigt. Doch der frühere V-Mann lächelt über diese Geschichten. Als der Verrat der Razzia bekannt geworden sei, habe sein V-Mann-Führer mit dem Decknamen „Max“ gedrängt, bei Befragungen ein Märchen zu präsentierten. Christian K. sollte erzählen: Kurz vor dem Verrat habe er in Borkwalde in der Kneipe „Pippi Langstrumpf“ rein zufällig mitbekommen, wie sich ein Polizist am Handy lauthals über die für den 17. Februar 2001 geplanten Durchsuchungen äußerte. Der Ex-Spitzel hat denn auch einem Vorgesetzten des V-Mann-Führers die Pippi-Langstrumpf-Story erzählt – offenkundig seinem V-Mann-Führer „Max“ zuliebe. Denn dieser habe ihn häufig in einem italienischen Restaurant in Werder großzügig bewirtet. Außerdem habe der Verfassungsschutz, sagt K., gut gezahlt: Beträge von „300 Mark und mehr“ seien die Regel gewesen.

Dass „Max“ gerade vor der Razzia, die sich gegen die Terrorgruppe „Nationale Bewegung“ richtete, konkreter als sonst und sogar mit der Angabe des Datums warnte, habe ihn auch gewundert, sagte Christian K. Er habe aber keine Fragen gestellt. Auch nicht, als er im Sommer 2000 überraschend erfuhr, der Bundesinnenminister werde demnächst den deutschen Ableger der Skinhead-Vereinigung „Blood & Honour“ verbieten.

Einem weiteren V-Mann-Führer namens „Dirk“ habe er vom Verrat der Razzia im Februar 2001 und dem Verhalten von „Max“ erzählt, sagte K. Sollte diese Angabe stimmen, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin schon lange die Hintergründe des Verrats kannte. Und möglicherweise auch Jörg Schönbohm.

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