zum Hauptinhalt
In der Baumsavanne des Ngorongoro-Kraters finden Besucher auch große Herden dieser Streifengnus.

© mauritius images / Minden Pictures

Serengeti: Im Krater des Lebens

Um die Tierwelt im Norden Tansanias machten sich die Grzimeks verdient. Ihnen und der Serengeti widmet die ARD am Karfreitag einen Themenabend.

Der Tag beginnt mit einem Schakal, fünf Weißbartgnus und einem Leopard. Letzterer liegt auf dem Ast einer Gelbfieberakazie, räkelt sich und scheint ausgesprochen guter Laune zu sein – soweit man das einem Leoparden ansehen kann: In der Astgabel über ihm hängt, seltsam gespreizt, eine gar nicht so kleine, frisch geschlagene Thomson-Gazelle. Wie hat er die dort hinaufgeschafft?

„Kein Problem für einen Leoparden“, erklärt Führer Malley Gwandu seinen Gästen im Landcruiser. „Er schleppt bis zum Doppelten seines eigenen Gewichtes. Und verschlingt dann erst mal die besten Sachen, die Innereien, wegen der Vitamine und Mineralien.“ Den Rest teilt sich der Gefleckte sorgfältig ein. Vier Tage lang hält das Fleisch an der frischen Luft. Streitig macht es ihm dort keiner. „Die Geier, die allein infrage kämen, fressen nicht auf dem Baum“ – und quasi zustimmend zuckt die bernsteinäugige Katze in gerade mal 30 Meter Entfernung mit dem Schwanz. Raubtierkunde von Angesicht zu Angesicht – lebendiger kann Biologieunterricht nicht sein.

Der Nebel hebt sich im Ngorongoro-Krater in Tansania. Die knochigen grünen Finger der Kandelaber-Euphorbien treten aus dem Dunst, Wolken quellen über den Kraterrand wie ein weißer Pelzkragen. Ganz oben am Hang in 3000 Meter Höhe thront die Ngorongoro Wildlife- Lodge gleich einem Schloss. Von dort liegt die 17 mal 21 Kilometer große Ebene dem Besucher zu Füßen wie ein Puzzle aus gelber Steppe, dunkelgrünem Wald und hellblauem See. Flüsse durchziehen die Scheibe wie Adern, eine Sumpfniederung erinnert an den dunklen Fleck auf einem Röntgenbild.

"Serengeti darf nicht sterben"

Es waren Bernhard Grzimek und sein Sohn Michael, die dieses Stück Land vor mehr als 50 Jahren berühmt gemacht haben. „Serengeti darf nicht sterben“ – das Buch wurde zum Bestseller und in 23 Sprachen übersetzt, der Film erhielt als erster deutscher Streifen nach dem Zweiten Weltkrieg einen Oscar.

Im Ngorongoro-Schutzgebiet und dem Serengeti-Nationalpark, der im Nordwesten angrenzt, zählten sie von ihrer wie ein Zebra gestreiften Dornier-27 aus Tiere, dokumentierten erstmals die Große Wanderung und sorgten dafür, dass das riesige Gebiet, durch das die Herden ziehen, nicht zerstückelt wurde. Dank ihrer Arbeit machen sich auch heute noch jedes Jahr zwischen eineinhalb und zwei Millionen Zebras, Gnus und Gazellen auf den Weg nach Norden und folgen Regen und sprießendem Gras, mehr als tausend Kilometer, über Park- und Staatsgrenzen hinweg, durch den Grumeti und den Mara-Fluss, wo riesige Krokodile schon träge auf ihren Anteil an der Nahrungskette lauern.

Rund 25 000 Tiere, schätzt man, leben heute im Ngorongoro-Krater. Zebras flanieren über die Piste wie eine Horde schnippischer Teenager, eine Riesentrappe schreitet gravitätisch durchs Gras, zwei Geparden trotten gelassen am Landcruiser vorbei. In der Ferne, klein, und doch von seinen Umrissen her deutlich zu erkennen, steht ein Spitzmaulnashorn still und starr wie ein schwarzes Monument Afrikas. Vielleicht ein Dutzend von ihnen lebt noch im Krater, so weit zurückgezogen wie möglich, abseits der befahrenen Pisten.

Wehe, einer der Wagen verließe die vorgegebene Spur und näherte sich ihnen: Der Fahrer wäre umgehend seine Lizenz los. Vom Kraterrand aus beobachten Ranger den ganzen Tag die Ebene, andere Trupps sind unten unterwegs. Sie schützen die sensiblen, fast ausgestorbenen Tiere gegen Störungen und Schlimmeres: Noch immer zahlen asiatische Apotheker Irrsinnsspreise für ein Horn.

Die Massai sind nicht gut auf die Grzimeks zu sprechen

In der Baumsavanne des Ngorongoro-Kraters finden Besucher auch große Herden dieser Streifengnus.
In der Baumsavanne des Ngorongoro-Kraters finden Besucher auch große Herden dieser Streifengnus.

© mauritius images / Minden Pictures

Büffel, Löwen, Warzenschweine – an Tieren herrscht wahrlich kein Mangel hier. Elefanten kommen daher wie abgeklärte Boten aus einer Vergangenheit, als eine Spezies namens Mensch noch unbedeutend, schutzbedürftig und harmlos war. Paviane, das sind Angeber, die gerade verächtlich ihre Hosen heruntergelassen haben. Hyänen – allein der Haltungsschaden und der unterwürfig-verschlagene Blick! Und wer sonst vermöchte die Nase so hoch zu tragen und so gräfinnenhaft herabzublicken wie eine Giraffe von ihrer hohen Warte aus. Anscheinend ist es ein menschliches Bedürfnis, Tieren verwandte Züge anzudienen – und zugleich ein untauglicher Versuch, die fremden, letztendlich unfassbaren Geschöpfe auf ein menschliches Maß zurechtzustutzen.

Die letzten Massai, die im Krater lebten, wurden 1970 ausgesiedelt – weshalb vor allem ältere Stammesangehörige noch immer nicht allzu gut auf die Grzimeks zu sprechen sind. In den Randgebieten weiden sie ihre Rinder und dürfen sie zu bestimmten Jahreszeiten auch im Krater tränken.

Manche versuchen es auch mit Tourismus. Ist im Massai-Dorf Obedi der Eintritt bezahlt, rückt die Phalanx der meist hochgewachsenen Männer und Frauen an, beginnt zu singen und zu tanzen. Die Jungs machen sich einen Spaß aus den berühmten Luftsprüngen – besonders, wenn übergewichtige Europäer auch ein paar Zentimeter hochzuhopsen versuchen. Kiloki ist 32 und einer der drei Führer, die der Stamm in die Schule geschickt hat, um Englisch zu lernen.

Er zeigt die Hütten aus Holz, Gras und Kuhdung, erklärt im Halbdunkel neben einer Feuerstelle, wie die Massai ihren Rindern das Blut abzapfen, von dem sie sich ernähren, und dass das Geld aus dem Tourismus dazu dient, während der Trockenzeit Wasser für die Kühe zu kaufen. In der Schule stimmen die Kinder wie auf Knopfdruck ein Lied an, und am Dorfzaun hängen Lederschilde, perlenbestickte Armbänder und geschnitzte Keulen zum Verkauf.

Serengeti wird nicht sterben

Das Dorf wurde extra für Touristen eingerichtet, der Häuptling achtet darauf, dass die Besetzung alle paar Wochen wechselt. Es ist der Versuch eines Kompromisses zwischen den Wünschen der Touristen, „Massai live“ zu erleben, und deren eigenen Vorstellungen, Geld an den Besuchern zu verdienen und doch das Alltagsleben nicht ihrer Neugier zu opfern.

Ganz oben auf dem Rand des Ngorongoro-Kraters steht eine gemauerte Steinpyramide. Sie wurde errichtet, nachdem Michael Grzimek am 10. Januar 1959 mit dem Flugzeug im Krater abgestürzt war. Die Urne mit Bernhard Grzimeks sterblichen Überresten kam nach seinem Tod 1987 dazu. „A lifetime of caring for wild animals and their place on our planet“ – er hat sich ein Leben lang um Wildtiere und deren Platz auf unserem Planeten gekümmert. Es hat sich gelohnt: Serengeti wird nicht sterben. Und der Ngorongoro-Krater bleibt einer der faszinierendsten Flecken des wilden Afrika.

Am kommenden Karfreitag präsentiert das Erste der ARD einen Themenabend, der ganz Bernhard Grzimek gewidmet ist. Um 20 Uhr 15 steht der Spielfilm „Grzimek“ mit Ulrich Tukur und Barbara Auer in den Hauptrollen auf dem Programm. Im Anschluss an den Fernsehfilm zeigt Das Erste um 23 Uhr die themenbegleitende Dokumentation „Grzimek“. Darin wird der „echte Grzimek“ gezeigt, mit Darstellungen von Freunden, Weggefährten und Familienmitgliedern.

Tipps für Tansania

In der Baumsavanne des Ngorongoro-Kraters finden Besucher auch große Herden dieser Streifengnus.
In der Baumsavanne des Ngorongoro-Kraters finden Besucher auch große Herden dieser Streifengnus.

© mauritius images / Minden Pictures

ANREISE

Turkish Airlines fliegt ab Berlin-Tegel über Istanbul, im Mai ab 709 Euro, mit KLM über Amsterdam ab 597 Euro. Zielflughafen: Kilimandscharo. Von dort sind es etwa 300 Kilometer bis zur Serengeti. Ein Visum für Tansania ist bei der Einreise zu bekommen und kostet 50 US-Dollar.

REISEZEIT

Von Juni bis Oktober – allerdings kann es dann nachts richtig kalt werden.

GESUNDHEIT

Malariaprophylaxe und Moskitoschutz werden empfohlen.

VERANSTALTER

Kaum ein etablierter Veranstalter, der Tansania nicht im Programm hat: Studiosus, One World, SKR oder Chamäleon

AUSKUNFT

Botschaft der Vereinigten Republik Tansania, Telefon: 030 / 303 08 00

Zur Startseite