zum Hauptinhalt

HEIK AFHELDT trifft…: Klassik-Expertin Juliane Wandel

Die geborene Hamburgerin Juliane Wandel hat schon während des Studiums als Partitur-Assistentin beim NDR gejobbt und später für das Fernsehen wichtige Filme über Musikthemen gemacht. Heute ist sie Geschäftsführerin der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker e.V.

Kaum war sie mal kurz aus dem Haus, schon hat das Dach gebrannt, bemerkt Juliane Wandel verschmitzt. Das Dach der Philharmonie, in der gleich nebenan ihr Büro über dem Kammermusiksaal liegt und die Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker ihren Sitz hat. Herbert von Karajan ist nicht nur Namensgeber, sondern auch der Vater dieser so wichtigen Ausbildungsstätte für Nachwuchsmusiker. Zu Beginn der 70er Jahre hat er sie gegründet als Ergänzung zur Hochschulausbildung, um die begabten Solisten zu lehren „mit dem Klangkörper zu atmen“ und so auch für den eigenen Orchesternachwuchs zu sorgen. Wer hier das Probespiel gewinnt, sei schon richtig gut, meint die neue, hoch gewachsene und sportlich schlanke Geschäftsführerin, die zuvor in der Münchner Zentrale des Goethe-Instituts für Klassik zuständig war.

Die Orchester-Akademie war weltweit ein Vorbild für viele ähnliche Einrichtungen. 30 junge Musiker und Musikerinnen erhalten Stipendien für je zwei Jahre und 650 Euro „Monatslohn“. Mit Aushilfen und Orchesterdiensten können sie sich etwas hinzuverdienen. Die Kosten für ein Stipendium von insgesamt 25 000 Euro werden durch Spenden finanziert.

Geld einzuwerben, wird trotz der Öffnung vieler Unternehmen für Kultursponsoring immer schwieriger. Aus der eigens gegründeten Stiftung fließen bisher nur sehr geringe Erlöse. Hier möchte die studierte und promovierte „Kulturmanagerin“ – den Begriff gab es noch nicht, als sie in Freiburg und Hamburg Musik- und Literatur-Wissenschaften studiert hat – ansetzen. Die traditionellen sieben Akademiekonzerte im Jahr bieten schon ein sehr geeignetes Podium. Mit den drei Aufführungen in der Bankenmetropole Frankfurt will sie dort potenziellen Stiftern auf den Leib rücken und in den Ohren liegen. Und auch in Berlin wird sie stärker auf „den Markt“ gehen. Werbematerial muss noch entwickelt und gezielt verteilt werden. Gut, dass sie die sachkundigen Mitarbeiter der Philharmonie und deren Presseabteilung nutzen kann.

Mit ihrem sehr sachlichen und doch so charmanten Auftreten und der spürbaren Ernsthaftigkeit wird sie ganz sicher Erfolg haben. Die geborene Hamburgerin hat schon während des Studiums als Partitur-Assistentin beim NDR gejobbt und später für das Fernsehen wichtige Filme über Musikthemen gemacht. „Alma Mahler“ war so ein Film, der international viel Aufmerksamkeit erregt hat. Zur Rezeption der Mahler-Sinfonien in seiner Zeit schrieb die Musikertochter ihre Doktorarbeit. Ihr Vater war ein bekannter Solo-Klarinettist und Professor für dieses Instrument. Sie selbst hat Querflöte gespielt. Was sie bei ihren Studien gelernt hat: die Grenzen der eigenen Urteilsfähigkeit in der Kunst kennenzulernen.

In Berlin lebt sie meist in ihrem Büro – alles etwas veraltet aus den 70er Jahren – und einer kleinen Wohnung am Schloss Charlottenburg. Für den Weg nimmt sie gerne das Fahrrad. Nach Hamburg zu ihrem Musiker-Freund ist das zu weit.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegel

Juliane Wandel (45), geboren in Hamburg, ist Geschäftsführerin der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker e.V. und studierte Musikwissenschaftlerin mit Magister und Doktortitel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false