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Kochlehrling Elke Nüstedt bei der Arbeit.

© picture alliance / ZB

Fachkräftemangel: Jeder dritte Betrieb findet keinen Azubi

Im Ausland wird Deutschland für seine duale Ausbildung bewundert - hierzulande hat sie bei vielen Jugendlichen einen schlechten Ruf. Die Folgen sind dramatisch.

So gut die Chancen für Jugendliche derzeit sind, in Deutschland eine Lehrstelle zu bekommen, so schlecht sind sie für die Betriebe, eine Lehrstelle zu besetzen. Im vergangenen Jahr suchte knapp jedes dritte Unternehmen ohne Erfolg nach Bewerbern. Vor zehn Jahren lag die Quote bei zwölf Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). „Zuerst erhalten die Betriebe weniger qualifizierte Bewerbungen, dann keine mehr und fallen damit als Ausbildungsbetrieb aus“, kommentierte DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Misere. „Die Lage war für die Unternehmen noch nie so dramatisch wie jetzt.“ In Berlin gibt es für den Ausbildungsbeginn 2016 noch 1360 freie Plätze.

Ein Grund für die größer werdende Kluft ist der demografische Wandel. Im Vergleich zu 2006 ist ein Schülerjahrgang heute um rund 120000 junge Menschen kleiner. Dazu kommt, dass immer mehr Mädchen und Jungen lieber studieren wollen. Während sich 2015 sieben Prozent weniger um einen Ausbildungsplatz bewarben als noch vor zehn Jahren, studierten 40 Prozent mehr. So begann im vergangenen Jahr eine gute halbe Million ein Studium. Ohne Gegenmaßnahmen wird sich der Fachkräftemangel weiter verschärfen.

Betriebe schrauben Erwartungen runter

Auf Grund dieser Entwicklung haben 75 Prozent der Betriebe, die an der Umfrage teilgenommen haben, im vergangenen Jahr leistungsschwächere Jugendliche eingestellt. Vor zwei Jahren hatten 65 Prozent ihre Ansprüche senken müssen. Schweitzer warf den Schulen vor, für die immer schlechteren Deutsch- und Mathekenntnisse der Jugendlichen verantwortlich zu sein. 40 Prozent der Betriebe bieten mittlerweile eigene Nachhilfe an.

Was dabei aber nicht unbedingt auf dem Programm steht, sind soziale Kompetenzen. Viele Unternehmen beklagten, dass die Lehrlinge den Anforderungen auch in dieser Hinsicht immer weniger gerecht werden. Fast die Hälfte vermisst bei ihnen Disziplin (2006: 38 Prozent) und Belastbarkeit (2006: 39 Prozent). Fast 60 Prozent der Firmen bemängelt das Leistungsvermögen ihrer Lehrlinge (2006: 53 Prozent). Noch nie wurden die Softskills der Azubis so schlecht bewertet wie in der jüngsten Umfrage.

Flüchtlinge helfen bei Azubi-Problem kaum

Die vielen jungen Flüchtlinge würden kurz- und mittelfristig zu keiner Entlastung beitragen. Bis für sie überhaupt eine Ausbildungsstelle in Frage käme, bis sie Deutsch gelernt hätten und qualifiziert genug seien, würden nach Schweitzer von ihrer Einreise an rund 22 Monate vergehen. Für die volle Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt setzt er einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren an. Derzeit gäben erst drei Prozent der IHK-Betriebe an, Flüchtlinge auszubilden.

Um ihre Chancen zu erhöhen, sei es wichtig, dass mit dem Integrationsgesetz die „3+2-Regelung“ noch vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres im Oktober in Kraft tritt. Flüchtlinge, die eine Ausbildung beginnen, sollen damit eine Garantie dafür haben, die Lehre beenden und danach zwei Jahre arbeiten zu können. Unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Für 76 Prozent der Betriebe ist die sichere Bleibeperspektive der Geflüchteten die Grundvoraussetzung für einen Vertragsabschluss.

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