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Immobilien: Dämmen, dichten, dimmen

Berliner Wohnungsbaugesellschaften sparen durch Modernisierungen tonnenweise CO2

Ausgerechnet im Wedding, einem der sozialen Brennpunkte Berlins, steht eine in Sachen Energieeffizienz vorbildliche Wohnsiedlung. 317 Wohnungen sanierte das städtische Wohnungsunternehmen Degewo im Karree zwischen Swinemünder-, Lortzing-, Graun- und Demminer Straße, wobei es nicht nur Fassaden dämmte und Fenster austauschte, sondern auch 300 Quadratmeter Solarkollektoren für vier solarthermische Anlagen installierte. Die Folge: Gut ein Viertel des Warmwassers wird jetzt durch Solarthermie erhitzt, und jährlich stößt die Siedlung 165 Tonnen CO2 weniger aus als vor der Sanierung.

Die Degewo ist nicht das einzige große Berliner Wohnungsunternehmen, das an der energetischen Sanierung seiner Wohnanlagen arbeitet. Nach Angaben des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) haben seine 144 Berliner Mitgliedsunternehmen seit 1993 rund 19 Mrd. Euro in die Modernisierung ihrer Bestände investiert. Zudem erklärten sie sich in einer Klimaschutzvereinbarung mit dem Senat bereit, den CO2-Ausstoß bis 2010 um mindestens 30 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu verringern.

Ein Vorzeigeprojekt dieser Anstrengungen ist das 2007 fertiggestellte Niedrigenergiehaus, in das die landeseigene Howoge einen Plattenbau in der Schulze-Boysen-Straße in Lichtenberg verwandelte. Durch die Dämmung der Fassade, den Austausch der Fenster, die Erneuerung der Fernwärme-Hausanschlussstation und weitere Maßnahmen gelang es dem Unternehmen, den Energiebedarf der 296 Wohnungen um fast die Hälfte zu reduzieren. Noch einen Schritt weiter ging die ebenfalls landeseigene Stadt und Land bei der Komplettmodernisierung ihres Wohngebiets an der Holzmindener Straße in Neukölln: Dem setzte sie mehrere Solarthermie- und Photovoltaikanlagen aufs Dach – ganz ähnlich wie die Charlottenburger Baugenossenschaft, die in der Wohnanlage Meller Bogen in Reinickendorf 600 Quadratmeter Sonnenkollektorfläche für Heizung und Warmwasserbereitung installierte und damit eine Endenergieeinsparung von 42 Prozent erzielte.

Doch der Einsatz erneuerbarer Energien ist in der Wohnungswirtschaft nicht unumstritten. Das zeigt der Widerstand des BBU gegen den Entwurf eines Berliner Klimaschutzgesetzes, der den Einbezug regenerativer Energien vorschreibt. „Beim Klimaschutz wirken Freiwilligkeit und Förderung“, sagt Maren Kern, Vorstandsmitglied beim BBU. Sie will es deshalb den Unternehmen überlassen sehen, mit welchen Mitteln sie die Energieeffizienz ihrer Gebäude erhöhen – nicht zuletzt im Interesse der Mieter, die es vor zu hohen Steigerungen der Kaltmiete zu schützen gelte.

Nach Ansicht Kerns „ist Berlin nicht die Stadt der erneuerbaren Energien“. Auf der einen Seite gebe es hier ein umweltfreundliches Fernwärmenetz; auf der anderen Seite seien die Voraussetzungen für die Nutzung von Geothermie und Solaranlagen vergleichsweise ungünstig. „Nur bei 30 bis 40 Prozent der Gebäude in Berlin finden wir gute Bedingungen für erneuerbare Energien vor“, sagt Siegfried Rehberg, Technikfachmann beim BBU.

Hinzu kommt bei der Photovoltaik, also der Nutzung der Sonnenenergie zur Stromerzeugung, ein steuerliches Problem: Sie kommt laut Rehberg für die ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften und die meisten Genossenschaften nicht infrage, da sie wegen der eigentlich lukrativen Einspeisevergütung ihre steuerliche Begünstigung verlieren würden. Regenerative Energien stellen nach Überzeugung Rehbergs noch aus einem anderen Grund nicht den Königsweg dar. Investiere man 500 Mio. Euro in Solaranlagen, erziele man eine jährliche CO2 -Einsparung von 60 000 Tonnen CO2. Gebe man dieselbe Summe für die Erneuerung veralteter Heizungsanlagen aus, erreiche man einen Einspareffekt von 220 000 Tonnen CO2. Rehbergs Schlussfolgerung: „Man muss sich in erster Linie um die Haustechnik kümmern.“

Umgesetzt worden ist diese Erkenntnis in diesem Jahr von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag bei der Sanierung eines in den 1960er Jahren errichteten Wohnhochhauses am Kreuzberger Wassertorplatz: Fassadendämmung, Erneuerung der Fenster, Zentralisierung der Warmwasserbereitung und Anschluss an das Fernwärmenetz sollen den Jahresenergiebedarf für Heizung und Warmwasser um fast die Hälfte senken. In einer Wohnanlage in Mariendorf hat die Gewobag außerdem soeben ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) in Betrieb genommen, das durch Kraft-Wärme-Kopplung sowohl Wärme als auch Strom erzeugt. Für BBU-Fachmann Rehberg sind BHKW, wie sie derzeit auch zahlreiche andere Vermieter installieren, ausgesprochen sinnvoll: „Kraft-Wärme-Kopplung ist die adäquate Maßnahme für eine Metropole.“

Darüber hinaus ist nach Ansicht von BBU-Vorstand Kern noch ein anderer Aspekt zu beachten: das Verhalten der Mieter. Diese könnten einer Studie des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt zufolge nämlich 25 Prozent der Heizenergie einsparen, ohne an Wohnkomfort einzubüßen – und an diesem Verhältnis ändert sich der Studie zufolge auch bei energetisch optimal sanierten Wohngebäuden nichts.

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