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Dragoner-Areal. Das 13,6 Hektar umfassende Gebiet ist durch eine gemischte Nutzung geprägt.

© imago/Schöning

Dragoner-Areal: „Ein Affront gegen den Bezirk“

Land Berlin ist sich mit degewo und WBM über Weitergabe des Kreuzberger Sanierungsgebiets einig.

Das Land Berlin will das umstrittene Dragoner-Areal in Kreuzberg nach der Rückübertragung vom Bund an die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften degewo und WBM Mitte weiterreichen.

Das wurde am Mittwochabend auf einer Sitzung des Stadtplanungsausschusses der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg öffentlich. Die auf dem Areal ansässigen Initiativen befürchten nun erneut, dass sie durch den an dieser Stelle zu erwartenden Wohnungsneubau verdrängt werden. Bezirksverordnete aller Parteien äußerten in der Ausschusssitzung ihren Unmut über das Agieren von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke), so auch Bezirksstadtrat Florian Schmidt.

Seine Partei, die Grünen, legte sogar einen Antrag vor, über den allerdings nicht abgestimmt wurde. Darin sollten „alle beteiligten Akteure“ aufgefordert werden, die durch den Senat verkündete Festlegung zur Grundstücksübertragung an zwei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften „offen zur Diskussion zu stellen und ernsthaft zu prüfen, welche anderen Trägermodelle in Frage kommen“.

Florian Schmidt, Baustadtrat Friedrichshain-Kreuzberg, sagte den Bezirksverordneten: „Man kann es als Affront bewerten, dass man vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.“ Dass an zwei Wohnungsbaugesellschaften gedacht sei, mache die Neugestaltung des Sanierungsgebietes schwieriger als mit nur einer. Überdies „werden auch Co-Bauherren auftreten“, meinte Schmidt. Es wolle dies alles mit Lompscher im anstehenden Halbjahresgespräch thematisieren.

Mitte 2018 soll der Kaufvertrag unterschrieben werden

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (SenSW) bestritt auf Anfrage, dass der Bezirk erst nach der Entscheidung des Landes informiert worden sei: „Es gibt zwischen der SenSW und dem Bezirk einen engen Austausch zum Dragoner Areal. So wurde auch in diesem Fall vorab informiert.“

Das 13,6 Hektar umfassende Gebiet ist durch eine gemischte Nutzung geprägt. Eng beieinander liegen ein 4,7 Hektar großes Gewerbegebiet, ein Wohn- und Mischnutzungsbereich sowie das Rathaus und das Finanzamt. Ziel im Sanierungsgebiet ist die Weiterentwicklung der Kreuzberger Mischung aus Wohnen, Kultur und Arbeit, so das Land Berlin.

Trotz der Entscheidung im Hauptstadtfinanzierungsvertrag, das Dragoner-Areal an Berlin zu übertragen, hält die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) eine Klage gegen die Ausweisung des Grundstücks als Sanierungsgebiet aufrecht. Behördenchef Jürgen Gehb sagte in einem Interview: „Das anhängige Normenkontrollverfahren als solches blockiert den Eigentumsübergang von der Bima auf den Senat nicht. Erst wenn Berlin als Eigentümer im Grundbuch steht, ist das Rechtsschutzbedürfnis der Bima entfallen und das Normenkontrollverfahren erledigt sich insoweit von selbst.“

Dies dürfte Mitte des Jahres 2018 der Fall sein, denn dann soll – so Schmidt – der Kaufvertrag unterschrieben werden. Volker Härtig, Bürgerdeputierter für die SPD im Stadtplanungsausschuss des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, sagte zum weiteren Vorgehen: „Für die Entwicklung des Dragoner Areals braucht es mehr als zwei Wohnungsbauunternehmen.“ Das Gewerbegebiet des Dragoner Areals sei mit 4 Hektar zwar groß, „aber auch viel zu klein, um alle Interessen zu befriedigen“. Wenn man dort eine möglichst hohe Zahl von Wohnungen bauen wolle, könne man nicht alle ansässigen Initiativen unter Schutz stellen. „Es kommt darauf an, so schnell wie möglich Pflöcke einzuschlagen – auch politische Verhältnisse können sich ändern“, sagte Härtig mit Blick auf die Regierungsbildung im Bund.

Jösting-Schüßler (Linke): "Was hier abgelaufen ist, ist suboptimal"

Lothar Jösting-Schüßler, Fachpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, berichtete aus dem Innenleben der Senatsbauverwaltung Katrin Lompschers, die Rückübertragungsfrage des Dragoner-Areals sei von der Spitze des Hauses „an die Verwaltung abgegeben“ worden: „Und die hat dann Politik gemacht.“ Deshalb lande die Immobilie nun bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und nicht – zum Beispiel – bei der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). „Ich habe mir sagen lassen, dass dort an der Spitze Selbstkritik geübt wurde“, betonte Jösting-Schüßler mit einem Seitenhieb auf Lompscher: „Was hier abgelaufen ist – die Übertragung ohne Beteiligung der Bürgergesellschaft – ist suboptimal.“

Nach Angaben von Katrin Dietl, Leiterin der Pressestelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, wurde die Entscheidung „mit beiden Wohnungsunternehmen (…) vorabgestimmt“. Es sei geplant, mit den Wohnungsbaugesellschaften vor der Grundstücksübertragung eine Entwicklungsvereinbarung zu schließen. Diese werde wichtige Eckpunkte für z.B. einen intensiven Partizipationsprozess zur Einbindung der Betroffenen und Akteure, Offenheit für Innovationen, Festlegungen zur Quote für preis- und belegungsgebundene Wohnungen enthalten (siehe dazu auch den Themenschwerpunkt zu Partizipationsverfahren auf der folgenden Seite). „Die Besonderheit wird sein“, sagte Dietl auf Anfrage weiter, „dass die künftige Weitergabe von Teilflächen an Dritte auch zur Entwicklung der Gewerbe- und Kulturflächen und sonstige Formen gemeinwohlorientierten Wohnens möglich sein soll.“

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