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Neue Chance für Ruinenensemble. Der Rundhausschuppen in Pankow-Heinersdorf ist der letzte Bau dieser Art, der in Deutschland errichtet wurde. Er entstand 1893. Foto: Imago

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Investition durch Möbelhaus: Pankower Rundlokschuppen

In den Pankower Rundlokschuppen kommt endlich Bewegung. Der Möbelhändler Krieger hat Interesse am Ensemble angemeldet. Für die Ruine in Rummelsburg gibt es aber immer noch kein Konzept.

Eine Großraumdiskothek, eine Oper für Pankow oder vielleicht auch einfach ein Gemüsemarkt: Es gibt viele Ideen, ein fast einzigartiges Bauwerk der Bahn zu retten. Die Bahn selbst hat an Immobilien, die sie nicht für den Betrieb benötigt, kein Interesse. Sie lässt auch denkmalgeschützte Gebäude verfallen – wahrscheinlich in der Hoffnung, dass sich die Sache in wenigen Jahren von selbst erledigt: Durch einen Einsturz. Die mögliche Rettung des Rundlokschuppens in Pankow-Heinersdorf kommt von außen. Der Möbelhändler Kurt Krieger hat den markanten Bau jetzt gekauft.

Vier bis fünf Millionen Euro wolle die Krieger Grundstück GmbG (KGG) investieren, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Vorausgesetzt, Krieger kann seine ehrgeizigen Pläne auf dem benachbarten ehemaligen Güterbahnhof verwirklichen.

Dort soll ein neues Stadtquartier entstehen – mit großzügigen Wohn- und Einkaufsmöglichkeiten; unter anderem mit einem Höffner-Möbelhaus. Nach eigenen Angaben hat die KGG dem Bezirk und dem Senat 19 Entwürfe für das Projekt vorgelegt; auch den Bau einer Schule hat man angeboten. Möglich wäre auch ein Verwaltungsgebäude für das Bezirksamt.

Während die Bezirkspolitiker die Pläne mehrheitlich unterstützen, gibt es in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch Bedenken. Diese wolle man in einem Gespräch mit dem neuen Senator Michael Müller (SPD) am 4. Januar aus dem Weg räumen, sagte ein KGG-Sprecher. Erfüllt sich die Hoffnung, lässt sich auch der Rundlokschuppen retten. Das derzeitige „Ruinenensemble“ ist für Krieger „ein nicht hinzunehmender Schandfleck in Pankow“. Erhalten will er von den Gebäuden nur den Rundlokschuppen; die anderen verfallenen Bauten sollen abgerissen werden.

Lediglich zwei Anlagen dieser Art gibt es noch in Deutschland. Die zweite steht auch in Berlin und verfällt ebenfalls. Anders als in Pankow liegt eine Rettung für den Schuppen in Rummelsburg allerdings in weiter Ferne. Dort ist der Zugang schwierig. Denn die Anlage liegt auf dem genutzten Betriebsgelände; abgeschottet von der Öffentlichkeit.

Rundlokschuppen bestehen aus einem kreisrunden Gebäude, in dessen Mitte sich die Drehscheibe befindet, die Abstellgleise für die Lokomotiven liegen sternförmig um sie herum. Auf diese Weise war auch die Drehscheibe vor Regen und Schnee geschützt. Bei anderen Schuppen lag sie im Freien. Gebaut wurden Rundlokschuppen mit den charakteristischen Kuppeln vorwiegend im 19. Jahrhundert. Der letzte in Deutschland war 1893 in Pankow entstanden. Hier konnten 24 Gleise über die Drehscheibe bedient werden. Rundlokschuppen hatten letztlich keine Zukunft mehr, weil sie kaum für die immer länger gewordenen Lokomotiven zu erweitern waren. In Deutschland wurde die drittletzte Anlage 1978 in Paderborn abgerissen. Weitere Rundlokschuppen preußischer Bauart stehen noch in Polen und im ehemaligen Ostpreußen, das heute zu Russland gehört.

Für den Ingenieur Wilfried Wolff (Berlin) sind die Rundlokschuppen noch immer faszinierende Bauwerke. Der leere Raum, der nur durch die Stützen der Dachkonstruktion unterbrochen ist, wirke wie ein großes schwereloses Universum, schwärmt er. Die Lichtbänder im Dach ließen die Kuppel optisch schweben. Das Bauwerk strahle, wie nur selten, eine technische Eleganz aus, beschreibt Wolff die Wirkung des Schuppens in Rummelsburg. Die Bahn aber stellte im September 2010 einen Abrissantrag. Der Aufwand zur Instandhaltung sei unzumutbar, hatte sie argumentiert. Zudem stehe der Bau Neubauten für den heutigen Betrieb im Weg. Nur weil die Denkmalpflege in Lichtenberg den Antrag abgelehnt hat, steht das Denkmal heute noch.

Translozierung als Endlösung?

Das einsturzgefährdete Dach der Kuppel ist inzwischen allerdings abgedeckt worden. Die einst geschützte Drehscheibe ist nun wie die gesamte Stahlkonstruktion Wind und Wetter ausgesetzt, auch die Dachbereiche über den Abstellgleisen sind erheblich demoliert. „Zu den weiteren Plänen können wir momentan noch keine Aussage treffen“, teilte die Bahn auf Anfrage mit.

Wolff hat eine Idee: Behutsam abtragen und woanders wieder aufbauen – etwa in Wittenberge, wo ebenfalls noch Reste eines solchen Rundschuppens vorhanden sind und ein Schaudepot mit Bahnbetriebswerk, Stellwerk, Lokschuppen und Pförtnerhaus entstehen soll. Damit ginge zwar der Bezug zum Ursprungsort verloren, der Bau selbst aber bliebe erhalten, sagte Wolff. Und Vorbilder gibt es schließlich genug – von der aus Berlin nach Babelsberg verpflanzten einstigen Gerichtslaube über den Pergamonaltar bis zum Kaisersaal des einstigen Hotels Esplanade am Potsdamer Platz. Ganz zu schweigen von dem Felsentempel Abu Simbel in Ägypten. Solche „Translozierungen“ sind allerdings in der Fachwelt umstritten. Und sie sind teuer. Der Rummelsburger Rundlokschuppen sei es jedoch wert, findet Wolff.

Und wer weiß, vielleicht findet auch noch die Bahn ein Konzept für den ursprünglichen Standort? Dass sie umdenken kann, hat sie am Ostkreuz gezeigt. Auch dort wollte sie ein ehemaliges, inzwischen nutzlos gewordenes Beamtenwohnhaus abreißen lassen, nachdem es jahrelang verfallen war. Doch auch dort wurde der Antrag nicht genehmigt. Inzwischen lässt die Bahn das Gebäude sanieren, obwohl die konzerninterne Prüfung und Abstimmung über die weitere Nutzung noch nicht abgeschlossen sei, wie ein Sprecher sagte. Details zu konkreten Nutzungskonzepten könnten deshalb leider noch nicht genannt werden. Stehen blieb am Ostkreuz auch der Wasserturm, der einst für die Versorgung der Dampflokomotiven erforderlich war. Die Erhaltung sei aus Gründen des Denkmalschutzes unumgänglich gewesen, sagte der Bahnsprecher. Wie viel Geld die Bahn hier aufgebracht hat, ist nicht zu erfahren. „Eine genaue Summe können wir leider nicht nennen“, sagte der Sprecher.

Dagegen soll auf dem ehemaligen Rangierbahnhof Schöneweide die Abrissbirne kräftig schwingen. Alle ungenutzten Gebäude dort sollen abgerissen werden. Die Bahn will das rund 48 Hektar große Gebiet bis 2015 zu einem Gewerbestandort entwickeln und dafür auch die Nähe zum künftigen Flughafen Berlin Brandenburg in Schönefeld nutzen. Erhalten bleiben soll nur ein ehemaliges Übernachtungshaus, das unter Denkmalschutz steht. Die künftige Nutzungsart sei auch hier noch nicht abzusehen, sagte der Sprecher. Der dortige Rundlokschuppen stehe zusammen mit einem angrenzenden Gebäude ebenfalls unter Denkmalschutz und werde von einem Dampflokverein genutzt. Besser geht’s nun wirklich nicht.

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