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Kammerkarriere. Sybille von Obernitz arbeitete in Augsburg und Berlin für die jeweilige IHK und für den Dachverband DIHK. Dann wurde sie Wirtschaftssenatorin.

© dapd

Rücktritt der Wirtschaftssenatorin: Sybille von Obernitz: Die Handfeste

Sybille von Obernitz wollte mehr Verbindlichkeit in der Wirtschaftspolitik erreichen. In den vergangenen Monaten hat sie aber immer häufiger Kopfschütteln ausgelöst. Jetzt musste sie zurücktreten.

Diese kleine Geschichte spricht Bände. Im Februar, direkt nach dem Rücktritt von Peter Zühlsdorff vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der Berlin Partner, wies Sybille von Obernitz die Wirtschaftsförderer an, das Organigramm zu ändern und ihren Namen ganz oben hinzusetzen – als amtierende Aufsichtsratsvorsitzende. Der Kopf vom Ganzen. So erzählen das Mitarbeiter der Wirtschaftsförderung und schütteln den Kopf über diese Form von Eitelkeit. Tatsächlich hat Obernitz in den vergangenen Monaten häufiger Kopfschütteln ausgelöst. Jetzt muss sie zurücktreten.

Die 50-jährige parteilose Obernitz war von der CDU für das Amt der Wirtschaftssenatorin nominiert worden. Dabei waren zweifellos die Herren der Berliner IHK beratend tätig geworden. Denn Obernitz ist gewissermaßen eine Kammerfrau. Nach dem Studium arbeitete sie als Referentin bei der Augsburger Industrie- und Handelskammer, 1997 wechselte sie dann zur IHK Berlin, wo sie unter anderem als persönliche Referentin des Hauptgeschäftsführers und des Präsidenten tätig war. Ab 2001 verantwortete Obernitz dann die Bildungspolitik der Kammer, 2004 wechselte sie zum Dachverband, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Dort war sie auch für Bildung zuständig und deshalb beteiligt am Ausbildungspakt zwischen Wirtschaft und Regierung. Als die Berliner CDU im vergangenen Winter unbedingt noch eine Frau für ihren Teil der Senatsmannschaft suchte, erinnerten sich IHK-Präsident Eric Schweitzer und sein Hauptgeschäftsführer Jan Eder an die ehemalige Kollegin.

Was für ein Kontrast zum Vorgänger. Harald Wolf (Linke) war zehn Jahre Wirtschaftssenator und trotz seiner einschläfernden Art hochgeschätzt in der Wirtschaft. Der Linke galt als zuverlässig; ein fleißiger Verwaltungsmensch, der wenig Wind macht und keine Show braucht. Aber eben extrem langweilig. Und in manchen Dingen auch nicht nachhaltig genug. Er lasse die Dinge laufen, hörte man gelegentlich in Wirtschaftskreisen. Und vieles dauere einfach zu lang.

Sehen Sie hier eine Bildergalerie zum Versuch von Frau von Obernitz, nur noch von ihr bestimmte Potraitfotos veröffentlichen zu lassen:

Dass Tempo für sie ein Wert an sich ist, machte die Nachfolgerin schnell deutlich. Und dass sie eine Passage im Koalitionsvertrag ernst nehmen würde, hatten viele der Beteiligten nicht erwartet. „Das Zusammenspiel der Wirtschaftsverwaltung, Visit Berlin, Berlin Partner, TSB und IBB werden wir kritisch hinterfragen und als Zielstellung strategischer und verzahnter aufstellen“, heißt es in dem Papier von SPD und CDU. Obernitz nahm den Satz ernst und ließ die Chefs der Institutionen bald wissen, wer nun das Sagen habe: Sybille von Obernitz.

Stinksauer waren dann vor allem die Bosse der landeseigenen Investitionsbank IBB und der Technologiestiftung TSB. Deren Chef Norbert Quinkert wird wohl zum Ende des Jahres ausscheiden, weil Obernitz die Innovationsagentur der TSB mit der Wirtschaftsförderung Berlin Partner fusioniert. Gegen den Widerstand von Quinkert, aber auf ausdrückliche Empfehlung der IHK.

Die Chefs der Messe Berlin, und zwar Aufsichtsrat ebenso wie Geschäftsführung, haben sich erfolgreich gegen die Intervention der Senatorin gewehrt. Im Kern des Konflikts steht die Nachfolge von Messechef Raimund Hosch. Aufsichtsratschef Hans-Joachim Kamp würde gerne den gegenwärtig zweiten Mann der Messe, Christian Göke, befördern. Obernitz war dagegen. Mit der dann von ihr betriebenen zusätzlichen Beauftragung eines Headhunters, die formalrechtlich nicht korrekt war, machte sie dann einen schweren Fehler.

„Mehr Verbindlichkeit und Ergebnisorientierung“, antwortete Obernitz einmal auf die Frage nach Unterschieden zu ihrem Vorgänger. Und „handfest“ wollte sie sein, einer ihrer Lieblingsbegriffe. Stolz war sie auf ihr „Projekt Industriehospitanz“, mit dem Mitarbeiter der Senatsverwaltung ihren Horizont erweitern sollen. Insgesamt 20 Beschäftigte der Senatsverwaltung hospitieren ein paar Tage in Industriebetrieben. Eine tolle Sache, meinte Obernitz. „Am Ende ist alles sehr handfest, was da passiert.“

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