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Die Angestellten der Lufthansa streiken. Viele Flüge wurden daher schon am Tag zuvor abgesagt.

© dpa

Update

Warnstreik bei Lufthansa: Betrieb in Tegel läuft langsam wieder

Bei der Lufthansa wird gestreikt, knapp 700 Maschinen bleiben am Boden. Auch der Flughafen Tegel ist betroffen - nun öffnen dort wieder die Schalter. Doch nicht alle kommen heute noch weg aus Berlin.

Schlangestehen am Flughafen Tegel: Die Lufthansa-Passagiere kriegen den Streik vom Donnerstagvormittag deutlich zu spüren. Weil insgesamt 700 Flüge gestrichen wurden, sitzen sie nun am Boden fest. Doch seit 10 Uhr sind nun die Schalter der Lufthansa wieder geöffnet. Ein Mitarbeiter des Bodenpersonals sagte dem Tagesspiegel, dass nun alle Passagiere umgebucht werden. "Falls ihnen heute kein Ersatzflug angeboten werden kann, werden die Fluggäste in Dreisternehotels untergebracht", so der Mitarbeiter.

Nach Angabe der Lufthansa-Pressestelle sind in Tegel 25 Flüge gestrichen worden. Ein Chaos sei verhindert worden, indem Lufthansa vorab circa 36.000 Info-SMS an seine Passagiere verschickte. Viele Passagiere wichen bei Reisen innerhalb Deutschlands auf die Deutsche Bahn aus. Den Lufthansa-Piloten mache derzeit nun das Wetter zu schaffen: Einige Flüge mussten aufgrund des Schneefalls nach Schönefeld umgeleitet werden. Da sämtliche Flugzeuge enteist werden müssten, käme es zu Verzögerungen.

Streiks in ganz Deutschland

Ähnlich wie in Berlin sieht es an vielen deutschen Flughäfen aus, seit der Verdi-Warnstreik bei der Lufthansa am Vormittag begonnen hat. So legten Beschäftigte der Airline in Frankfurt, München und Düsseldorf die Arbeit nieder, wie Sprecher der Gewerkschaft und von Lufthansa bestätigten. "Da der Streik vorher angekündigt war, konnten sich die Fluggäste zum Glück darauf einstellen. Lange Schlangen an den Schaltern bilden sich derzeit noch nicht", sagte Verdi-Sprecher Gerold Schaub am Morgen in Frankfurt.

Indes hat Verdi-Chef Frank Bsirske weitere Protestaktionen der Lufthansa-Beschäftigten angekündigt, sollte sich der Konzern im Tarifstreit nicht auf die Arbeitnehmer zubewegen: „Wer uns nicht ernst nimmt, kriegt uns danach ernsthaft zu spüren.“

Passagiere warten in Tegel

In Tränen brach die 18-jährige Beatrice Skiadopoulos aus, als sie erfuhr, dass ihr Flug nach Athen gestrichen wurde. In Athen wartet sehnsüchtig ihr Freund, den sie lange nicht gesehen hat. Doch ihren Informationen ist für diesen ausgefallenen Flug das Winterwetter schuld. Wenig Verständnis für die Streikenden hat auch Isabelle Gorz, die eigentlich auf dem Weg nach Paris ist: "Ich finde es eine Unverschämtheit. Ich arbeite in der Hotelbranche und dort wie auch im Flugverkehr sollte der Gast im Mittelpunkt stehen."

Auch eine Schulklasse aus Rom wurde vom Streik überrascht. Die 60 Schüler wollten am Donnerstagmorgen zusammen mit ihren vier Lehrern die Heimreise antreten. Die 17- bis 18-Jährigen schlafen, aber ihre Lehrerin Paola Ercolin ist verzweifelt: "Die Eltern der Schüler rufen ständig an und sind besorgt. Doch ich kann ihnen nicht sagen, wie es weiter geht, weil wir selbst noch keine Informationen erhalten haben." Schwierigkeiten gibt es wegen der Größe der Gruppe - so will die Lufthansa die Schüler in drei Gruppen einteilen, zum Unverständnis der zwei Lehrerinnen, die sich um eine andere Lösung bemühen. Um 12 Uhr soll der Streik offiziell enden.

Ercolin hofft, dass es dann Klarheit gibt: "Wir haben die Flüge bezahlt und eins ist klar: Wir müssen hier heute noch weg." Eine weitere Nacht in Berlin können sie sich nicht leisten.

Anderen Reisen, die in die Türkei wollen, wurde gesagt, sie könnten ihre Flüge über Air Berlin umbuchen. Wer den Flug dann bezahlt, ob sie oder die Lufthansa, haben sie nicht erfahren.

Gewerkschaft fordert mehr Geld und Kündigungsschutz

Ein Flugzeugtechniker streikt, weil er das Angebot der Lufthansa in den Tarifverhandlungen für "nicht akzeptabel" hält. Die Gewerkschaft verlangt 5,2 Prozent mehr Geld und Kündigungsschutz. Lufthansa hat hingegen von den Arbeitnehmern Nullrunden und längere Arbeitszeiten als Sparbeiträge gefordert. "Die Lufthansa will uns Zuschläge streichen, Urlaub- und Weihnachtsgeld nur noch anteilmäßig auszahlen und uns eine Stunde mehr Arbeit aufdrücken - und das obwohl sie im letzten Jahr einen unglaublichen Gewinn gemacht hat", sagt der Techniker. Insgesamt bedeute dies Lohn- und Gehaltssenkungen um bis zu 18 Prozent. Die Gewinne würden nicht sozialisiert, heißt es auch in einem Brief der streikenden an die Lufthansa. Die Managerfehler müssten nun die Angestellten ausbaden.

Auch an weiteren Flughäfen waren Warnstreiks geplant. Schwerpunkt der Aktionen sollte die größte Lufthansa-Basis in Frankfurt sein. Die Fluggesellschaft hatte bereits vorsorglich für diesen Donnerstag knapp 700 Verbindungen gestrichen. Betroffen sind nahezu alle Flüge in Deutschland und Europa. Der Interkontinentalverkehr sollte nach Möglichkeit aufrechterhalten werden, hieß es am Morgen bei Lufthansa.

Hintergrund sind die Tarifverhandlungen für rund 33 000 Lufthansa-Beschäftigten, vor allem aus den Technik- und Serviceeinheiten. Verdi will vor der für Freitag geplanten zweiten Verhandlungsrunde den Druck erhöhen. Der Aufruf zum Ausstand sei von den Beschäftigten "breit angenommen" worden. Schaub zeigte sich zuversichtlich, dass die Aktion "Wirkung zeigen wird". Ein Lufthansa-Sprecher bezeichnete den Warnstreik als "völlig überflüssig und unverhältnismäßig".

Janine Peltier von Verdi Hamburg sieht angesichts der unterschiedlichen Vorstellungen der Gewerkschaft und des Lufthansa-Konzerns derzeit kaum Chancen für eine schnelle Einigung. "Wir empfinden die Forderung vom Arbeitgeber auch als Provokation gegenüber der Gewerkschaft. Wenn wir jetzt nicht Stärke zeigen, dann wird das ganz, ganz schwierig, sich überhaupt zu einigen." (mit dpa)

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