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Homeschooling: Bremer Verweigerer zurück in der Schule

Im Fall der bundesweit bekannt gewordenen Bremer Schulverweigerer-Familie Neubronner gibt es einen überraschende Wende. Eines der zu Hause unterrichteten Kinder besucht jetzt eine Bremer Oberschule - und will einen Abschluss.

Acht Jahre lang wollten die beiden Söhne lieber zu Hause von ihren freiberuflichen Eltern unterrichtet werden, als in die Schule zu gehen, und vor fünf Jahren zogen sie sogar extra mit ihrem Vater ins bildungsrechtlich liberalere Frankreich, um der deutschen Schulbesuchspflicht zu entkommen, aber nun hat der Ältere es sich anders überlegt. Moritz (16) besucht seit Anfang Februar die zehnte Klasse einer Bremer Oberschule. „Jetzt ist er dafür reif, jetzt will er es auch selbst“, sagt sein Vater Tilman Neubronner (59), der mittlerweile geschieden ist.

Moritz nennt zwei Gründe für den Sinneswandel: Nach einer mit Bravour bestandenen externen Hauptschulprüfung (Endnote: 1,4) möchte er nun noch den mittleren Bildungsabschluss erreichen, aber nicht mehr mit mühseliger Vorbereitung zu Hause, sondern mithilfe regulären Unterrichts. Moritz hat doch noch Lust auf normalen Schulalltag. „Vielleicht hätte ich sonst das Gefühl bekommen, etwas versäumt zu haben“, sagt er.

Richtig Unterricht hatte er zuletzt in der Grundschule. Zwei Jahre lang, so berichtet die Familie, habe sich Moritz dort gequält, Bauch- und Kopfschmerzen gehabt und sei oft „extrem missgelaunt“ gewesen. Ähnlich erging es seinem zweieinhalb Jahre jüngeren Bruder Thomas nach dessen Einschulung.

2005 übernahmen die Eltern selber den Unterricht. Doch Deutschland ist bei der Schulpflicht strenger als viele andere Staaten und erlaubt „Homeschooling“ nur in seltenen Ausnahmefällen, etwa bei Diplomaten, Schaustellern oder Schwerkranken. Statt einer Ausnahmegenehmigung bekamen die Eltern Zwangsgeldbescheide. Als sie dann auch noch um ihr Sorgerecht fürchteten, wich die Familie Anfang 2008 nach Frankreich aus, wo keine Schulbesuchspflicht besteht.

Nun also die Wende, zumindest für Moritz. „In der Schule läuft es bis jetzt wunderbar“, erzählt der aufgeweckte und redegewandte 16-Jährige. „Nur am Anfang hatte ich ein bisschen Panik.“ Zum einen wegen seiner Leistungen. Mathe, Deutsch, Englisch und Spanisch hatte er zwar zu Hause gelernt, aber kaum Naturwissenschaften. Deshalb musste er dafür die ersten Wochenenden durcharbeiten. „Aber inzwischen habe ich ungefähr den Stand der anderen erreicht.“

Seine zweite Sorge war, ob die Mitschüler ihn als Sonderling empfinden würden. Vorsichtshalber erzählte er ihnen nichts von seinem Vorleben. „Aber dann haben die mich gegoogelt.“ Und hatten mit dem Suchergebnis offenbar kein Problem. „Ich komme mit den anderen wunderbar aus und bin überhaupt kein Außenseiter“, erzählt er. Die Lehrkräfte, fügt sein Vater hinzu, seien sehr angetan.

Bereut der Junge womöglich, dass er acht Jahre Schulleben versäumt hat? Ein bisschen habe er in all den Jahren an der Entscheidung gezweifelt, sagt er. Aber bereuen? Nein, das nicht. Denn: „Ich hatte tierischen Spaß.“ Richtig gelernt hat er „vielleicht mal eine Stunde am Tag“. „Aber ich habe auch viel gelesen, da lernt man ja auch was.“

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