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Kommunalwahlen: Guben fürchtet wieder um seinen Ruf

Ein Täter der Todeshetze von 1999, Alexander Bode, schreckt als neuer NPD-Kandidat für den Landkreis Bürger und Stadtverordnete auf. Damals hatten er und rechtsextreme Freunde einen Asylbewerber durch Guben gehetzt, der sich auf seiner Flucht tödlich verletzte.

Von Sandra Dassler

Guben - Als Karsten Geilich erfuhr, dass ein gewisser Alexander Bode für die NPD in die Stadtverordnetenversammlung der Neißestadt einziehen will, war er schockiert. „Da kam die Erinnerung hoch“, sagt der Geschäftsführer des Gubener Jugendclubs „Fabrik“: In der Nacht zum 13. Februar 1999 hatten rechtsextreme Jugendliche den Asylbewerber Omar Ben Noui durch die Straßen von Guben gehetzt. In Todesangst trat der 28-jährige Algerier die Glastür zu einem Wohnhaus ein, verletzte sich und verblutete.

Als einer der Haupttäter galt eben jener Alexander Bode, der wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Er hatte vor Gericht keine Reue gezeigt – im Gegenteil: Kenner der rechten Szene in Guben berichten, dass er – noch während des Prozesses – an der Schändung des für Omar Ben Noui errichteten Gedenksteins beteiligt gewesen sei. Seine Wählbarkeit verlor er mit dem Urteil nur für fünf Jahre.

„Bode hat schon vor zehn Jahren vor den Schulen gesessen und versucht, Schwänzer für die rechte Szene zu gewinnen“, sagt Dirk Wilking, der Leiter des Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus. Auch momentan laufe in Guben gerade wieder eine „heftige Rekrutierungswelle“ für die NPD – vornehmlich in den Plattenbausiedlungen.

Das offizielle Guben wolle sich damit lieber nicht auseinandersetzen, sagt Karsten Geilich von der „Fabrik“. Deshalb habe er, nach dem ersten Schrecken, die Kandidatur Bodes auch als Chance gesehen. „Jetzt kann man nicht mehr totschweigen, dass es hier nach wie vor Probleme mit Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit, vor allem aber mit Gewalt gibt“, sagt er. „Aus Angst vor einem schlechten Ruf heißt es immer, dass alles ruhig sei. Aber unter der Decke brodelt es gewaltig.“

Die Hetzjagd habe den Ruf Gubens nachhaltig beschädigt, die wiederholte Schändung des Gedenksteins und die umstrittene Plastinationsfabrik des Leichenpräparators Gunther von Hagens hätten nicht zu seiner Verbesserung beigetragen, sagt Kerstin Nedoma. Die 45-jährige Fraktionschefin der Linken im Stadtparlament musste sich schon öfter als Nestbeschmutzerin beschimpfen lassen – etwa, als sie vor zwei Jahren einen Überfall rechter Schläger auf linke Jugendliche öffentlich verurteilte. „Da hat mich der Bürgermeister gefragt, was mir einfiele.“

Gubens Bürgermeister Klaus-Dieter Hübner (FDP) hat erst Tage nach Bekanntwerden der Kandidatur Bodes erklärt, dass NPD-Kandidaten in der Stadtverordnetenversammlung nicht erwünscht seien. Die Abgeordneten appellierten gestern einmütig an die Wähler, demokratische Kräfte zu wählen. Kerstin Nedoma vertraut darauf, dass die meisten Gubener dem folgen. „Es gibt zwar noch rechtsextremes Gedankengut, aber nicht bei der Masse der Bevölkerung“, sagt sie. Das meint auch der Chemnitzer Totalitarismus-Forscher Eckhard Jesse: „Dass die NPD solche Kandidaten aufstellt, zeigt, dass sie eben nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Wer zur NPD geht, hat nichts mehr zu verlieren.“

Der Politologe Gideon Botsch vom Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum ist anderer Ansicht: „Bodes Kandidatur zeigt zwar die dünne Personaldecke der NPD, aber auch die Unverschämtheit, mit der sie sich zum gewaltbereiten Neonazi-Spektrum bekennt“, sagt er. Und befürchtet, dass auch Kandidaten wie Alexander Bode die NPD-Wähler nicht abschrecken werden. Sandra Dassler

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