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Urteil: Bundespolizisten müssen jahrelang hinter Gitter

Sie kontrollierten ohne Grund Vietnamesen und nahmen ihnen Geld ab, einen Mann setzten sie sogar im Berliner Umland aus - um Machtgelüste auszuleben, urteilten die Richter. Jetzt wurden die beiden Bundespolizisten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Die Täter in Uniform raubten zwölf Vietnamesen aus. Um große Beute aber ging es den beiden Bundespolizisten nicht. Sie hätten ihr Amt missbraucht, um „Machtgelüste auszuleben“, urteilte am Dienstag das Landgericht und reagierte deutlich: Der damalige Polizeihauptmeister Udo R. muss für vier Jahre und neun Monate hinter Gitter, Polizeimeister Michael A. für drei Jahre und neun Monate.

„Sie haben sich bewusst wehrlose Opfer gesucht“, hielt der Vorsitzende Richter Matthias Schertz den Angeklagten vor. Keine „einmalige Entgleisung“, sondern Taten nach demselben Strickmuster. Die 42 und 27 Jahre alten Männer hatten willkürlich Vietnamesen angesprochen und deren Ausweise verlangt. Sie bauten eine Drohkulisse auf, durchsuchten ihre Opfer und nahmen ihnen jeden Euro ab. Mal erbeuteten sie 3 Euro, mal 10, 18 oder 50. Es waren insgesamt 663 Euro, die sich die beiden Beamten teilten.

Sie waren stets im Dienst und agierten auf offener Straße. Sie fühlten sich sicher, dachten, dass man ihren Opfern im Falle einer Anzeige ohnehin nicht glauben würde. Udo R. und Michael A. setzten aus Sicht der Richter um, was sie von Vietnamesen hielten: „Sowieso alles Zigarettenhändler, richtig bestraft werden die auch nicht.“ Udo R. zettelte die Raubserie an. Weil er frustriert und unzufrieden war, sich bei der Einheit „Polizeiliche Sonderdienste“ in Treptow nicht ausgelastet fühlte. „Nur selten gab es gute und sinnvolle Einsätze“, stöhnte er im Prozess. Oft sei es um den illegalen Zigarettenhandel gegangen. „Man sah aber keine Erfolge“, beklagte R.

Der Polizeihauptmeister holte seinen 15 Jahre jüngeren Untergebenen mit ins Boot. Michael A. sagte später, er habe sich „hinreißen lassen“. Seine Anwälte sprachen von mangelnder Selbständigkeit. „Er sah zu seinem Vorsetzten auf und hatte nicht den Mut und die Courage zu widersprechen.“ Der Polizeimeister aber musste nicht lange überredet werden.

Am 2. Dezember 2009 kam es am S-Bahnhof Baumschulenweg zum ersten Übergriff. Die beiden Bundespolizisten gingen auf einen Vietnamesen zu, der in einem Ausländerwohnheim in der Nähe lebte. „Ich hatte Angst“, erklärte der 21-Jährige im Prozess. „Für Drohung sorgte schon die Uniform“, sagte Richter Schertz. Das Opfer musste sich an jenem kalten Abend bis auf die Unterhose ausziehen. Als sie kein Geld fanden, nahmen sie seine Monatskarte und zerbrachen die Sim-Karte aus seinem Handy.

Ein anderer Vietnamese bekam einen Faustschlag ab, als er sich bückte, um das Nummernschild des Dienstwagens erkennen zu können. Anschließend fuhren sie den Mann bis nach Zeuthen und setzten ihn aus. Ein weiteres Opfer trug Latschen und wollte sich gerade Zigaretten kaufen, als ihm 18 Euro abgenommen wurden. Ende Februar wurden R. und A. verhaftet.

Udo R. sprach in seinem Geständnis von Taten aus „Dummheit und Arroganz“. Im Plädoyer der Verteidiger hieß es, R. sei womöglich in einer Institution tätig gewesen, „für die er nicht geschaffen war“. Jahrelang habe er auf Bahnhöfen gestanden und vor allem Zigarettenhändler überprüft. Sechs Versetzungsanträge seit 1995 seien erfolglos geblieben.

„Sie haben dem Ansehen der Polizei schwer geschadet“, hielt Richter Schertz den Angeklagten vor. Das Urteil wich nur gering von dem Antrag des Anklägers ab, der wegen Raubes, Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung Haftstrafen von fünf und vier Jahren verlangt hatte. Ihre Beamten-Stellung sind die Männer, die etwa 2400 Euro und 1800 Euro im Monat verdienten, los. Bis zur Ladung zum Strafantritt kamen sie frei.

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