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Moabit: Prozesse um brutale Attacken auf Polizisten

Ein Zivilbeamter wurde niedergestochen, der andere getreten und geschlagen. Die Täter sind 18- und 19-Jährige. Am Montag begannen die Prozesse, eine Anklage lautet auf versuchten Mord.

Völlig ungehemmt entluden die jungen Täter ihre Wut. In beiden Fällen, die am Montag im Moabiter Kriminalgericht verhandelt wurden, saßen Polizeibeamte als Opfer vor den Richtern. Sie waren in Zivil unterwegs gewesen. Einer als Brandstreife in Friedrichshain, der andere privat in Reinickendorf. Beide sind bis heute fassungslos über die Brutalität, die sie erlebten. „Man begreift es nicht“, sagte Alexander W. „Man schreit ‚Polizei’, die machen weiter. Ich gebe einen Warnschuss ab, die machen weiter. Ich schieße gezielt, die machen weiter.“

Der 33-jährige W. wurde zusammengeprügelt. Er griff schließlich zur Waffe und stoppte einen Angreifer durch einen Schuss ins Bein. Wegen des Überfalls standen nun zwei 19-Jährige vor dem Amtsgericht. Die Anklage lautete auf gefährliche Körperverletzung.

Im zweiten Fall vor dem Landgericht ging es hingegen um einen versuchten Raubmord nach einer Messerattacke auf einen 48-jährigen Beamten. Detlef P. wurde an einem Geldautomaten in Reinickendorf Opfer eines 18-Jährigen, der Geld verlangte. Als sich der Beamte wehrte, stach Tolga T. drei Mal zu. „Er traf mich am Kinn, das hat mich hochgepuscht“, meinte der Angeklagte. „Er war so erschrocken, dass ihm jemand eine pfeffert, das kannte er nicht, das hat ihn wütend gemacht“, sagte sein Anwalt.

Es war am 3. Januar gegen 4.15 Uhr. Detlef P. hatte 40 Euro abgehoben. Ein Mann überholte ihn und forderte Geld. „Er hatte ein Messer in der Hand“, sagte der Polizist. „Kohle her, sonst stech’ ich dich“, drohte T. laut Anklage. „Es kam zu einer Rangelei“, beschrieb der Beamte. Um den Angriff abzuwehren, habe er dem Täter ins Gesicht geschlagen.

Daraufhin stach dieser ihn in den Oberkörper, in den Rücken und in den Unterschenkel. Das Herz und beide Lungenflügel waren verletzt. Der Beamte konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Rund drei Monate war er außer Dienst. Bis heute sind die Gedanken immer wieder bei dem Überfall. „Alles, was mit einem Messer zu tun hat, erinnert mich“, sagte der Fahrsicherheitstrainer bei der Polizei. Und er vermeide es seither, nachts auf die Straße zu gehen. Mit der Beschreibung des Polizisten und Bildern aus einer Überwachungskamera wurde nach T. gefahndet. Sechs Wochen nach der Tat klickten die Handschellen. Er habe in jener Nacht viel Alkohol getrunken und von einem Freund auch noch die Droge Tilidin bekommen, meinte der Messerstecher aus Wedding, der von Hartz IV lebte.

Wie aus dem Nichts heraus wurde hingegen am 6. Dezember Alexander W. attackiert. Er befand sich auf Streife allein in einer Parkanlage, als ihn plötzlich ein wuchtiger Tritt mitten ins Gesicht traf. Yassin G. war ohne Vorwarnung über ihn hergefallen. Er nahm ihn in den Schwitzkasten, würgte ihn. Der 19-jährige Marcel K. tastete den Beamten ab, um nach Beute zu suchen. „Ich weiß bis heute nicht, warum ich so ausgetickt bin“, meinte G. „Vielleicht, weil er so zu uns geguckt hat.“ Der Lehrling aus Marzahn war damals mit Freunden unterwegs. Sie hatten gezecht.

Alexander W. rief „Polizei“, doch er wurde weitergeschlagen. Es gelang ihm, einen Warnschuss abzugeben. Dann schoss er in seiner Not auf die „tretenden Beine“. Er ist bis heute traumatisiert und nicht arbeitsfähig. Gegen G. ergingen 14 Monate Haft auf Bewährung, K. erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Beide sollen zudem je 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Prozess gegen T. geht Montag weiter. Kerstin Gehrke

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