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30 Busse sind aktuell im Schienenersatzverkehr im Einsatz. Trotzdem kommt es nach dem Anschlag am Donnerstagmorgen zu großen Verzögerungen.

© dpa

Update

S-Bahn Berlin - Staatsschutz ermittelt: Frank Henkel: "Anschlag auf unser Zusammenleben"

Vertreter von CDU und SPD verurteilen den Brandanschlag auf die S-Bahn. Die Attentäter sagen, sie wollten auf die Not von Flüchtlingen aufmerksam machen. Bis Sonntagvormittag sind sechs Linien unterbrochen.

Die Rathauskoalition ist intakt, zumindest wenn es um den Brandanschlag auf die Berliner S-Bahn vom Donnerstagmorgen geht: Wie mit einer Stimme sprechen Innensenator Frank Henkel (CDU) und Tom Schreiber (SPD). "Das ist ein Anschlag auf unser Zusammenleben, der Berlin offensichtlich gezielt schaden und verunsichern soll", sagt Henkel. "Die linksautonome Szene will die Innenstadt terrorisieren und tyrannisieren", erklärt Schreiber, Sprecher für Verfassungsschutz der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dem Tagesspiegel. Berlin solle sich nicht von denen einschüchtern lassen, die sich auf den anhaltenden Flüchtlingsprotest berufen, um ihre Gewaltfantasien auszuleben, fordert Henkel.

Auch Schreiber sagt, die Szene missbrauche wiederholt Themen wie den Flüchtlingsprotest, um für einen Systemwechsel zu kämpfen. Er fordert "keine falschen Scheuklappen gegenüber Linksterroristen. Es ist wichtig, dagegen jetzt vorzugehen." Als Beispiele fordert er vermehrte Polizeistreifen in Szene-Kiezen. Wenn die Täter gefasst seien, müsse ein Urteil "mit Signalwirkung" gesprochen werden - ein Anschlag auf die Ringbahn sei schließlich ein Anschlag auf das öffentliche Interesse.

Tausende Fahrgäste betroffen

Denn der Anschlag auf das Berliner S-Bahn-Netz, dessentwegen noch bis zum Sonntagvormittag viele Berliner und Brandenburger teils große Umwege und Verzögerungen in Kauf nehmen müssen, war offenbar politisch motiviert. Auf der linksradikalen Website "Indymedia" bekannte sich am Donnerstagabend eine "autonome Gruppe" zu der Tat. Unter der Überschrift "Feuer und Flamme für Berlin!" heißt es dort unter anderem, dass man den Anschlag gegen 4 Uhr morgens mit zwei Zeitzündern und Benzin verübt habe.

Weiterhin sind Tausende Berliner Opfer betroffen. Wie ein S-Bahn-Sprecher dem Tagesspiegel mitteilte, funktioniere der Schienenersatzverkehr im Großen und Ganzen gut. Die S-Bahn ist mit 30 Bussen und zahlreichen Servicekräften im Einsatz und versucht, auf allen Kanälen so umfassend wie möglich zu informieren. Dennoch könne er über die Tat immer noch nur den Kopf schütteln.

Hintergrund ist offenbar der anhaltende Flüchtlingsprotest. "während ein paar meter entfernt vom S-bhf treptower park einige menschen auf dem dach eines hostels für nichts, als ihr recht zu bleiben - um zu leben - kämpfen, stehen hier dutzende von menschen tagtäglich lethargisch in reih und glied, um auf ihre S-bahn zur arbeit, in die schule oder zum einkaufen zu warten", heißt es in dem Bekennerschreiben (dessen Orthografie wir hier beibehalten) . Mit dem Anschlag sollte "eine reiche gesellschaft für einen moment aus dem kapitalistischen alltag gerissen und zum pausieren gezwungen" werden.

Die Polizei wollte sich auch am Freitagmorgen nicht zur Echtheit dieses Bekennerschreibens äußern. Der Polizeiliche Staatsschutz, eine Abteilung des Landeskriminalamts, untersuche nach wie vor den Fall. Der Sprecher verwies darauf, dass es sich hier um laufende Ermittlungen handle, über die generell nicht berichtet werde. Man sei aber schon vor Bekanntwerden des Textes von einem Anschlag ausgegangen, sagte ein anderer Sprecher am Donnerstagabend.

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Bis mindestens Sonntagmorgen braucht die S-Bahn aller Voraussicht nach, um verbrannte Kabel zu reparieren. Bis dahin gibt es auf den S-Bahn-Linien zwischen den Bahnhöfen Ostkreuz und Baumschulenweg große Einschränkungen. So fahren beispielsweise die Ringbahn-Linien S41 und S42 nicht direkt zwischen Ostkreuz und Südkreuz. Die restliche Strecke Südkreuz – Westkreuz – Gesundbrunnen – Ostkreuz und umgekehrt wird nur im Zehn-Minuten-Takt bedient. Die Linie S8 fährt in zwei Teilabschnitten: Blankenburg – Greifswalder Straße und Schöneweide – Zeuthen. Nur zwischen Waidmannslust und Greifswalder Straße fährt die S85. Die Linie S9 ist nur zwischen Schöneweide und Flughafen Schönefeld im Einsatz. Die Züge der Linien S45 und S46 fahren planmäßig, es kommt aber zu Verspätungen, da sie mittlerweile sehr stark ausgelastet sind.

Am Donnerstagmorgen um 4.20 Uhr wurde ein Kabelbrand an der Parkwegbrücke bemerkt. Die Feuerwehr war schnell vor Ort und hatte den Brand gegen 4.35 Uhr unter Kontrolle. Durch den Brand ist das Stellwerk Frankfurter Allee ausgefallen, was zu den Zugausfällen führt. Ein S-Bahn-Sprecher erklärte dem Tagesspiegel: "Die Signalkabel wurden angegriffen und müssen jetzt überprüft werden. Das sind sehr aufwendige Reparaturarbeiten."

Fahrgäste sollen mehr Zeit einplanen

Auch auf anderen Teilabschnitten der betroffenen Linien kommt zu Einschränkungen. Die S-Bahn Berlin bittet Ihre Fahrgäste daher, insbesondere in den Hauptverkehrszeiten, mehr Fahrzeit einzuplanen.

Der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Berlin, Ingulf Leuschel, verurteilte die Tat in einer Erklärung: "Dieser Anschlag trifft zuallererst unendlich viele Berliner und Brandenburger, denen auf diese Weise die Fahrt zur Arbeit, zur Schule, zum Ausbildungsplatz, erschwert wird."

Aktuell sind etwa 30 Busse für den Ersatzverkehr im Einsatz, doch reicht das natürlich bei weitem nicht aus, all die Menschen rechtzeitig zu transportieren. Die S-Bahn bittet die Fahrgäste daher, auf die Verkehrsmittel der BVG auszuweichen und die betroffenen Strecken weiträumig zu umfahren. 15 zusätzliche Service-Mitarbeiter der Bahn versuchen, die Fahrgäste entsprechend zu orientieren.

Vor mehr als einem Jahr hatten Linksextremisten einen Verteilerkasten zwischen Wannsee und Grunewald in Brand gesteckt und dafür gesorgt, dass sowohl die Regionalbahn als auch die S7 zeitweise ausfielen. Auch der Bahnhof Ostkreuz wurde bereits vor drei Jahren Opfer eines Brandanschlags von Linksextremen.

Aktuelle Informationen finden Fahrgäste auch auf den Seiten der Berliner S-Bahn.

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