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Wo das Unglück geschah. Der 15-jährige alkoholisierte Schüler aus Kalifornien stürzte aus dem dritten Stock des Hotel Bogota in Charlottenburg zu Tode.

© Thilo Rückeis

Tödlicher Unfall im Hotel Bogota: Betrunken aus dem Fenster gestürzt

Ein 15-Jähriger stürzt aus dem dritten Stock und stirbt. Zuvor hatte er sich wohl mit Whisky betrunken - offenbar war die Flasche ein Gastgeschenk. Bei den Hotelchefs ist die Gefahr bekannt - sie sind trotzdem gegen Kippfenster.

Ein hochprozentiges Gastgeschenk ist dem Jugendlichen offenbar zum Verhängnis geworden. Der 15-jährige Schüler aus Kalifornien, der in der Nacht zu Freitag beim Sturz aus einem Hotelfenster in Charlottenburg ums Leben gekommen ist, soll Zeugen zufolge vermutlich deswegen so betrunken gewesen sein, weil er Whisky getrunken hatte. Diesen soll ihm seine Gastfamilie zuvor in Westdeutschland als Gastgeschenk auf die Klassenreise mit nach Berlin gegeben haben.

Es geschah am Abschiedsabend von Deutschland in Berlin, als der junge Amerikaner gegen 1.15 Uhr, wie berichtet, aus einem Fenster im dritten Stock des Hotel Bogota auf den Gehweg in der Schlüterstraße gestürzt war. Der Notarzt könnte den Schüler nicht mehr retten; Hinweise für einen Suizid oder Fremdverschulden lagen laut Polizei nicht vor. Nun werden auch amerikanische Behörden etwa wegen Verletzung der Fürsorgepflicht ermitteln.

„Ein tragischer Unglücksfall, wir haben noch nachts spontan eine Kerze ins Fenster gestellt“, sagte Hotelchef Joachim Rissmann dem Tagesspiegel am Sonnabend. Bei der Polizei hieß es, die Beamten nahmen Kontakt mit der amerikanischen Botschaft auf, es musste ja jemand den Hinterbliebenen die Todesnachricht überbringen. Es war eine kleine Schülergruppe von der Pazifik-Westküste der USA mit einer Betreuerin, der die Klassenfahrt ins weit entfernte Europa möglich war. Jetzt sind alle wieder abgereist.

Schon mehrfach sind Jugendliche aus Hostel-Fenstern gestürzt

Es ist in Berlin nicht der erste Fall, bei dem ein unter Drogeneinfluss stehender junger Mensch in einem Hotel oder Hostel aus dem Fenster gestürzt ist. Im Juni vor einem Jahr hatte ein 17-Jähriger während einer Klassenfahrt bei einem Sturz aus einem Fenster in Wilmersdorf schwere Verletzungen erlitten. Auch er hatte vermutlich betrunken das Gleichgewicht verloren. Im April 2012 starb ein 17-Jähriger in Kreuzberg, nachdem er aus einem Hostelzimmer gestürzt war; da gehen die Ermittler von einem Suizid aus. Müssen Fenster von Gästehäusern und Hotels in der jungen Szene-Reisehauptstadt möglicherweise anders gesichert werden, so wie in den USA, wo man Hotelfenster teils gar nicht öffnen oder nur kippen kann? Schließlich schlagen hier viele Jugendliche aus Skandinavien oder eben den USA über die Stränge – Länder, in denen die Droge Alkohol oder auch Haschisch stark stigmatisiert sind oder sehr teuer sind.

„Zuallererst: Unser Mitgefühl ist bei den Eltern“, sagte der Sprecher der Berliner Städtevermarkter von „Visit Berlin“, Christian Tänzler. Es seien aber angesichts Millionen junger Berlin-Gäste „extrem tragische Einzelfälle“. Bei ihnen berge generell Übermut und auch mal Mutproben oder Imponiergehabe gewisse Risiken. „Doch der überall dazu gehörende Alkoholkonsum ist ein gesamtgesellschaftliches Problem“, sagt Tänzler. Zugleich appellierte er an alle Verkaufsstellen wie auch „Spätis“ und Tankstellen, dem Jugendschutzgesetz gemäß auszuschenken. Klaus-Dieter Richter, der für die Gastronomie zuständige Dehoga-Vizepräsident, schlägt im Gesetz nach: An Jugendliche unter 16 dürfe gar kein Alkohol ausgeschenkt oder verkauft werden. Zwischen 16 und 18 sei nur in Maßen der Verkauf von Bier, Wein und Sekt erlaubt; Alkopops, Cocktails und harte Getränke dürfen nur Über-18-Jährige kaufen und trinken. Vierzehn- bis Sechzehnjährige dürften laut Jugendschutzgesetz sogar softe Alkoholika zu sich nehmen, wenn Erziehungsberechtigte dabei sind. Alkohol-Automaten müssten so aufgestellt werden, dass allein Volljährige sie erreichen. Doch Ältere lassen sich in einer Jugendgruppe, die auf einem Berlin-Trip richtig Party machen wollen, erfahrungsgemäß immer finden.

Ein besonderes Berliner Problem seien die Exzesse nicht

Visit-Berlin-Sprecher Tänzler verweist darauf, dass jugendliche Urlauber in Berlin nicht mehr oder weniger dem Alkohol zusprechen würden als in anderen Großstädten. In Feiermetropolen wie auf Mallorca gehört es nach Manier des amerikanischen Exzess-Party-Filmes „Spring Breakers“ sogar dazu, dass Jugendliche aus Hotelzimmerfenstern heraus bis in den Pool springen, natürlich mit hoher Unfallquote.

Unterdessen achten Berliner Hostelmitarbeiter an der Bar oder der Rezeption auch ganz pragmatisch darauf, dass sich die Kundschaft nicht daneben benimmt. „Wenn es mir reicht, schicke ich auch schon mal Gäste, die über 18 Jahre sind, aber sich alkoholisiert daneben benehmen, freundlich aber bestimmt aufs Zimmer“, sagt die Mitarbeiterin eines Kreuzbergers Hostels.

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