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Der zukünftige Vizepräsident Mike Pence.

© REUTERS/Carlo Allegri

Mike Pence: Der stille und radikale US-Vizepräsident

Er ist evangelikaler Christ und soll Trumps US-Vizepräsident werden. Außerdem führt Mike Pence schon lange einen erbitterten Kampf gegen die Rechte queerer Menschen.

Der zukünftige Vizepräsident der USA gilt als ruhiger, professioneller Gegenpol zu Trumps hitzigen Entgleisungen. Mike Pence, der Rationale. Er wird seinen Vorgesetzten Donald Trump auf den Boden zurückholen, wenn der zu hoch fliegt, so der Konsens.  

Doch Mike Pence hat eine ganz eigene, radikale Agenda.  Während seiner langen politischen Karriere kämpfte der erzkonservative Politiker stets erbittert gegen die Rechte von Minderheiten. Insbesondere die LGBTQ Community in den USA hat in Zukunft allen Grund zur Besorgnis.  

Christ, Konservativer, Republikaner

Der 57-Jährige saß zwölf Jahre für Indiana im Repräsentantenhaus, bevor er 2013 zum Gouverneur des Bundesstaats gewählt wurde. Sein Glaube spielte im Leben des evangelikalen Christen stets eine große Rolle. In einem Interview bezeichnete Pence sich als Christen, Konservativen, Republikaner – in dieser Reihenfolge. Seine Religion sieht er offenbar auch als Ansporn im Kampf gegen sexuelle Minderheiten.

Bereits als Mike Pence im Jahr 2000 in seiner politischen Heimat Indiana für den Kongress kandidierte, macht er auf seiner Webseite offen Stimmung gegen Homosexuelle. Unter der Überschrift „Amerikanische Familien stärken“ warb er gegen die Gleichstellung der Ehe und gegen die Anerkennung Schwuler und Lesben als Minderheit, die gesetzlich nicht diskriminiert werden darf. 

Hilfsorganisationen, die sich für Menschen mit Aids und HIV einsetzen, wollte er nur weiter finanzieren, wenn diese Organisation nicht weiter ein „Verhalten“ feierten und ermutigten, das die Übertragung von HIV begünstige. Mit diesem Verhalten meinte er Sex zwischen Männern. Überhaupt solle das Geld besser dafür verwendet werden, Institutionen zu unterstützen, die Menschen dabei helfen, ihr Sexualverhalten zu verändern, so heißt es im Wahlprogramm.

Unterstützer der Konversionstherapie

Pence spricht hier von der sogenannten Konversionstherapie, einer Form der Psychotherapie, die zum Ziel hat homosexuelle Menschen in heterosexuelle zu verwandeln. Oft kommt es dabei auch zu rabiaten Methoden wie Elektroschocks. Diese Art von Therapie wird von allen ernstzunehmenden psychiatrischen und psychologischen Fachgesellschaften abgelehnt, da sie nicht nur unwirksam, sondern für die Betroffenen auch psychisch schädlich ist.

Depressionen, Angstzustände und Selbstmordgedanken sind oft die Folgen bei denjenigen, die durch diese Art von Therapie zu einer Veränderung ihrer sexuellen Ausrichtung gezwungen werden sollen. Das Praktizieren von Konversionstherapie an Minderjährigen ist in fünf Bundesstaaten der USA offiziell verboten, darunter Kalifornien und New Jersey.

Mike Pence wollte diese Art von gewaltsamer Umerziehung mit Steuergeldern unterstützen. Bis heute hat er keine Aussage dazu gemacht, ob er diese Position noch vertritt. Öffentlich distanziert hat er sich von diesem Wahlprogramm nie. Und seine bisherige Politik zeugt auch nicht von einem Meinungswechsel.

Diskriminierung im Namen der Religion

2007 stimmte er gegen einen Anti-Diskriminierungsgesetz am Arbeitsplatz ab, mit dem Argument, dass durch einen Schutz von sexuellen Minderheiten das Recht auf religiöse Freiheit am Arbeitsplatz beschränkt würde. Es soll nach Pence also jeder dazu berechtigt sein, Schwule und Lesben am Arbeitsplatz zu diskriminieren, wenn sie sich von ihnen in ihrem Glauben gestört fühlen.

Folgerichtig unterzeichnete er 2015 den „Religious Freedom Restoration Act“, ein Gesetz, das es Geschäften und Individuen in Indiana erlaubt, jede/n zu diskriminieren, der oder die ihre religiösen Gefühle verletzt. Es ging zum Beispiel darum, dass christliche Bäcker und Bäckerinnen es schwulen oder lesbischen Paaren im Name ihres Glaubens verweigern dürfen, ihnen einen Hochzeitskuchen zu backen. Nach landesweiten Protesten gegen das Gesetz wurde es geändert, um LGBTQ-Menschen mehr Schutz zu bieten. Pence verteidigte während der Debatte stets sein Originalgesetz.  

Der zukünftige Vize stimmte auch gegen die Aufhebung von „Don’t Ask, Don’t Tell“. Diese wehrrechtlichen Praxis besagte, dass Homosexuelle zwar im US-Militär dienen durften, ihre sexuelle Orientierung aber weder erwähnen noch ausleben konnten. Das Militär, so Pences Statement, solle nicht Ort für soziale Experimente werden. Die von Obamas Verteidigungsminister Ashton Carter angestoßene Anerkennung von Trans*menschen im US-Militär dürfte ebenfalls nicht auf seiner Linie liegen.

Auch gegen eine Initiative von Präsident Obama, die es Trans*-Schülern und Schülerinnen an öffentlichen Schulen erlaubt, die ihrer Genderidentität entsprechende Toilette zu benutzen,  machte Pence Stimmung.

Gegen Kondome, pro Abstinenz

Neben seinem unermüdlichen Einsatz gegen die Rechte der LGBTQ-Community ist Mike Pence auch einer der härtesten Abtreibungsgegner in den USA. 2011 sorgte er dafür, dass Planned Parenthood, dem amerikanischen Äquivalent zu Pro Familia, in Indiana sämtliche staatliche Unterstützung entzogen wurde. In einem Interview behauptete er, dass Kondome kein Schutz gegen sexuell übertragbare Krankheiten seien und sieht Abstinenz bis zur Ehe als einzig wirksame Maßnahme.

Pence steht oft im Schatten des großen Populisten Trump. Doch er ist einer der reaktionärsten Politiker der  USA, wenn es um das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung geht. Ihm wird als erfahrenem Vize vom Politikneuling Trump voraussichtlich viel Macht und Einfluss während Trumps Präsidentschaft zufallen. Schafft Mike Pence es, seine menschenverachtenden Ansichten auch politisch umzusetzen – wie er es bereits in Indiana tat - bricht für queere Menschen in den USA ein dunkles Zeitalter an.

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