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Baustelle Klassenzimmer: Kreuzberger Schule muss umziehen

Wegen verzögerter Arbeiten sollen die Kinder der neuen Sekundarschule in der Graefestraße wochenlang provisorisch untergebracht werden. Vielerorts fehlen noch Lehrer.

Der Hauptverlierer des diesjährigen Schulbeginns steht schon fest: Es ist die neue Sekundarschule an der Kreuzberger Graefestraße. Wegen nicht abgeschlossener Bauarbeiten muss sie für mehrere Wochen in das Gebäude der gerade leer geräumten Zelter-Schule ausweichen. Dies verfügte am gestrigen Dienstag Bildungsstadträtin Monika Herrmann (Grüne). Aber auch an anderen Schulen gibt es Probleme, weil Lehrer erkrankt sind, nicht rechtzeitig eingestellt wurden oder weil die Rechtsämter kurzfristig zusätzliche Schüler zugewiesen haben. Überdies beklagen Referendare eine Verspätung bei den Gehaltszahlungen.

Beispiellos ist allerdings die Situation in Kreuzberg. Sie habe dort eine „reine Baustelle vorgefunden“, berichtete die völlig überraschte Bildungsstadträtin. Ihr sei unklar, „wie es passieren konnte, dass die Baustelle überhaupt für den Schulbetrieb freigegeben wurde“. Offenbar hätten sich alle auf Aussagen des Architekten verlassen, ohne sich die Lage am Ort wirklich anzusehen.

Dort sei auf den ersten Blick erkennbar, dass kein Unterricht möglich sei. Bildungsstadträtin Monika Herrmann wollte auch ihr eigenes Schulamt von der Kritik nicht ausnehmen, wenngleich sie die größeren Versäumnisse beim Bauamt sieht.

Für die Zuspitzung der Lage gibt es mehrere Gründe. Zum einen hatte sich kein anderer Bezirk derart viele Schulumbauten und -umzüge vorgenommen wie Kreuzberg, was leitende Mitarbeiter sowie die zuständigen Stadträtinnen aber nicht von ihrem Urlaub abhielt: Herrmann kehrte am Montag zurück, Baustadträtin Jutta Kalepky (parteilos, für die Grünen) ist noch weg. So blieb es dem Personalrat überlassen, die „haarsträubenden“ Zustände anzuprangern und vor einer Nutzung der Räume zu warnen. Die neue Schulleiterin war am Dienstag nicht zu erreichen, sondern um Schadensbegrenzung bemüht: 20 Lehrer und 170 Schüler müssen jetzt in das Zelter-Gebäude an der Wilhelmstraße ausweichen.

Weniger spektakulär ist die Situation in Prenzlauer Berg. Hier können rund 300 Grundschüler erst heute in ihre Schule an der Danziger Straße einziehen und mussten zwei Tage provisorisch an einer anderen Schule unterkommen. Auch dieser Situation lagen Bauarbeiten zugrunde. Andernorts ging es „nur“ um Personalmangel. Bei einer Umfrage des Verbands der Oberstudiendirektoren meldete jedes dritte Gymnasium, dass Lehrer fehlten. Wie viele Schulen sich an der Umfrage beteiligten, war allerdings am Dienstag nicht zu erfahren. An etlichen Schulen sind Lücken entstanden, weil die Schulämter überraschend noch Schüler zugewiesen haben. Meist handelt es sich um Siebtklässler, die Widerspruch gegen Bescheide der Schulämter eingelegt hatten.

„Die Rechtsämter wollen keine kostspieligen Klagen riskieren und geben den Widersprüchen einfach nach“, vermutet eine Schulleiterin. Ein empörter Großvater berichtete, dass sein Enkel in einer Klasse des Lichtenrader Georg-Büchner- Gymnasiums mit 37 Schülern sitze: Das Bezirksamt habe im letzten Augenblick noch 17 zusätzliche Schüler zugewiesen, die auf drei bereits volle Klassen verteilt werden mussten. Direktor Herbert Sauber versucht jetzt im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung, eine weitere Klasse zu eröffnen, braucht dazu aber eine Filiale und zusätzliche Lehrer. „Ich habe die Eltern gebeten, erst mal zwei Wochen stillzuhalten“, berichtet Sauber.

Unruhe gibt es auch am Tegeler Humboldt-Gymnasium. Der Vorzeigeschule fehlten nach Auskunft der Eltern zunächst zwei Lehrer, was noch teilweise kompensierbar gewesen wäre. Zu Schulbeginn haben sich aber vier Lehrer krank gemeldet, was nun dazu führe, dass in drei 9. Klassen „auf unbestimmte Zeit“ Physik, Musik und Ethik nicht stattfinden könne. Sie sei „entsetzt“ darüber, sagte Claudia Rosellen, eine der betroffenen Mütter. Unzufriedenheit herrscht auch unter den rund 500 Referendaren, die Mitte August vereidigt wurden. „Uns wurde mitgeteilt, dass wir erst Ende September Geld bekommen, weil die Verwaltung überfordert ist“, beklagt ein Betroffener. Viele wüssten nicht, wie sie die Zeit überbrücken sollten, weil sie keine Rücklagen hätten. Laut Bildungsverwaltung können bei „finanziellen Notlagen“ Abschläge beantragt werden. Sieben solcher Anträge lägen schon vor.

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